In einer kurzfristig anberaumten, außerordentlichen Mitgliederversammlung hat der Verein Aufbruch Stuttgart e. V. am 23. April 2018 die Ausschreibung eines architektonisch-städtebaulichen Ideenwettbewerbs in eigener Regie mit überwältigender Mehrheit beschlossen. Bei nur einer Gegenstimme votierten die rund 340 anwesenden Mitglieder für einen Vorstoß, der als kommunalpolitischer Paukenschlag zu werten ist: Nach den Plänen des Vereins soll die Zukunft des Quartiers um Oper und Staatstheater vor einer endgültigen Beschlussfassung noch einmal neu aufgerollt und überdacht werden.

Die bis jetzt favorisierte Lösung einer aufwändigen Grundsanierung der Littmann-Oper unter Verschiebung der Außenmauer um ca. 6 Meter und der zeitweisen Unterbringung des Spielbetriebs im dafür umzubauenden Paketpostamt in der Ehmannstraße, ist nach Schätzungen des Vereins finanziell nicht verantwortbar. Nach anfänglich geschätzten 300 Mio. Euro Sanierungskosten für das Operngebäude gehen die Prognosen mittlerweile über die Marke von 400 Mio. Euro hinaus. Fachleute halten den massiven Eingriff in die historische Bausubstanz, vor dem Hintergrund vergleichbarer Beispiele, für extrem risikoreich. Kosten bis zu 850 Mio. Euro gelten als durchaus im Bereich des Möglichen. Hinzu kommen die Aufwendungen für das Interim im Paketpostamt. Hier fordert die Post allein schon 60 Mio. Euro für das Grundstück. Die Oper selbst geht von einem Aufwand von 50 Mio. für die baulichen Maßnahmen und die technische Einrichtung des Interims aus. Da das Interim nach erneutem Umzug der Oper in den sanierten Littmannbau wieder abgerissen werden soll, stellt sich darüber hinaus die Frage der Nachhaltigkeit.

Auf 940 Mio. bis 1,3 Mrd. Euro schätzt AUFBRUCH STUTTGART den möglichen Gesamtaufwand für den jetzigen Sanierungsplan – ein Aufwand ohne erkennbaren städtebaulichen Mehrwert für das Kulturquartier. Und in den Augen jener Kulturschaffenden, die sich nicht zur Hochkultur zählen, sicher eine unvertretbare Summe.

Der Verein favorisiert daher eine andere Idee:

  • Gemäßigte Sanierung des Littmannbaus und Einrichtung als künftiges zweites Konzerthaus und Heimat des Staatsballetts
  • Verlegung des Königin-Katharina-Stifts in das Areal der dafür umzubauenden, ehemaligen Neckar-Realschule
  • Gleichzeitig Aufwertung des Bereichs Urbanstraße und des Schulgeländes durch Bau der begrünten "Katharinenterrasse“ über dem Einfahrtsbereich des Wagenburgtunnels
  • Neubau eines Opernhauses auf dem heutigen Areal der Schule an der Schillerstraße, möglicherweise unter Erhalt des historischen Gebäudes

Bis jetzt ist im Bereich der Schillerstraße, einem exponierten Punkt gegenüber dem künftigen Ostausgang des Bahnhofs, der Bau einer neuen Schulsporthalle vorgesehen. Hier wäre dann künftig der Eingangsbereich zur "Kulturhauptstadt“ Stuttgart.

Mehr Stadt für weniger Geld, ein Kulturquartier mit Strahlkraft weit über Stuttgart hinaus, das erwartet die Initiative von dem beschlossenen selbstfinanzierten, offenen Ideenwettbewerb. Er soll verhindern, dass Stuttgart die sich bietende, einmalige Chance vergibt und sich stattdessen ein neues Millionengrab schafft.

Die Ausschreibung soll kurzfristig erfolgen. Spätestens im Herbst wird das Preisgericht tagen.

Da AUFBRUCH STUTTGART auch hochkarätige Büros für eine Teilnahme gewinnen will, hat der Verein, um attraktive Preisgelder ausloben zu können, zu einer großangelegten Spendenaktion aufgerufen.

Die offizielle Politik will in einer Sitzung des Verwaltungsrates der Württembergischen Staatstheater bereits am 18. Mai 2018 den bisher eingeschlagenen Weg weiter konkretisieren, obwohl der Öffentlichkeit bis jetzt keine Zahlen über die Finanzierung vorgelegt wurden. Deswegen drängt die Zeit.

In einem Brief an den Vorsitzenden Verwaltungsrates der Württembergischen Staatstheater, Oberbürgermeister Fritz Kuhn, hat AUFBRUCH STUTTGART darum gebeten, Ihre Ideen vor den Mitgliedern des Verwaltungsrates vorstellen zu dürfen. Der Brief vom 10. April blieb bisher unbeantwortet.

AUFBRUCH STUTTGART, mit seinen jetzt rund 720 Vereinsmitgliedern, hofft weiter auf einen konstruktiven Austausch mit den gewählten Vertretern – für ein Stuttgart, von dem wir träumen.