­1951 starteten die ersten Berliner Festwochen am 5. September im Schiller-Theater mit Beethovens 9. Symphonie und entwickelten sich in den Folgejahren schnell zu der spartenübergreifenden, internationalen Kunstplattform, die die Berliner Festspiele bis heute sind. Dieses Jubiläum ist im Programm der Berliner Festspiele in Form von Beiträgen, Veranstaltungen, Ausstellungen, Videos und Konzerten vielfach präsent.

70 Jahre Festspielgeschichte werden in der Ausstellung „Everything Is Just for a While“ im Gropius Bau (noch bis 17. Oktober, Eintritt frei) in Form von einem Wandbild mit Zeitstrahl und drei Videoinstallationen beleuchtet. Dafür wurden über 1000 Stunden Videomaterial aus öffentlichen und privaten Archiven gesichtet und zu einer chronologischen Reise durch die letzten 70 Jahre zusammengeschnitten. Dieses Spiegelkabinett der Erinnerungen zeigt die ganze Vielfalt der Berliner Festspiele seit 1951: Labor und Experiment, Ausstellungsort und Debattierklub, Städteplanung und Autor*innenförderung, Wissenschaftskolleg und immer wieder Plattform der internationalen Kunstszene. Zum Jubiläumstag am 5. September wird dieses Filmmaterial auf Berliner Festspiele on Demand veröffentlicht.

Außerdem werden am 5. September im Rahmen des Musikfest Berlin fünf Konzerte präsentiert. Das Ensemble Musikfabrik spielt in der Philharmonie ein Porträtkonzert der Komponistin Ann Cleare und in einem weiteren Konzert das Stück „Prozession“ von Enno Poppe. Das Théâtre National du Luxembourg gastiert im Großen Sendesaal des rbb mit Heiner Goebbels’ szenischen Konzert „Liberté d’action“. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums des Konzerthauses feiert dort die restaurierte Neufassung des Stummfilm-Klassikers „Hoffmanns Erzählungen“ von 1923 mit neu komponierter Filmmusik von Johannes Kalitzke ihre Premiere.

Thomas Oberender (Intendant Berliner Festspiele): „Die zyklischen Formate der Berliner Festspiele sind wiederkehrende Inseln einer vertieften Auseinandersetzung mit bestimmten Fragestellungen – die Bedeutung der Zeit in der Musik, der Rolle des Orchesters als eines Apparats oder Instruments in der Geschichte sich wandelnder Erfahrungsräume von Klang und Gemeinschaft. Nicht alles ist Disruption in diesem hektischen Geschäft der ständigen Produktion von Neuem und Bedeutung, die den Kulturbetrieb prägen. Festspiele schaffen auch Schutzräume für unterschiedliche Formen des Widerstands: Er kann sich in Langsamkeit genauso ausdrücken wie im Drängen der Avantgarde.“

Vom 7. bis 17. Oktober präsentieren die Berliner Festspiele im Jubiläumsjahr eine außergewöhnliche Veranstaltung im Internationalen Congress Centrum Berlin (ICC): „The Sun Machine Is Coming Down“. Internationale und Berliner Künstler*innen aller Sparten bespielen zehn Tage lang diesen eindrucksvollen, futuristischen Bau von 1979. Mit ihren 80 Sälen, den unzähligen Foyers und Terrassen und rund 28.000 m2 ursprünglich als utopischer Raum für Großveranstaltungen aller Art konzipiert, bietet die seit Jahren stillgelegte Architekturikone nun den nie geplanten Luxus von Platz, Ruhe und Schönheit. Und so nehmen die Berliner Festspiele ihr Jubiläum zum Anlass, die offene Architektur des ICC künstlerisch auszuloten und ihr neue Impulse zu verleihen – mit Installationen, Konzerten, Performances und Filmen von Künstler*innen wie Ed Atkins, Arthur Jafa, Tino Sehgal, Cao Fei, Joulia Strauss, Lawrence oder Monira Al Qadiri.

Wie die Berliner Festspiele zu der Institution wurden, die sie heute sind, erzählt die Geschichte der Berliner Festspiele auf unserer Website – eine Chronik der letzten 70 Jahre des Berliner Kulturlebens, die die Ursprünge der heutigen Veranstaltungsreihen und Festivals beleuchtet. Die Biographie einer Institution erzählt vertiefend von den vielen Geschichten, die sich von diesem Zeitraum erzählen lassen: Die Geschichte der Nachkriegszeit, die Geschichten der viel zu wenigen Frauen im Programm und in Chefpositionen oder die Geschichten der verschiedenen Intendanten und ihrer künstlerischen Schwerpunkte und kulturpolitischen Strategien. Angela Rosenberg fokussiert letzteren Aspekt in ihrem Beitrag „Pragmatiker auf heißem Boden“, einer Recherche zu Gerhart von Westerman, dem ersten Intendanten der Berliner Festwochen, erschienen in der Edition Nr. 31.

Anlässlich Berliner Festspiele 70 wird Deutschlandfunk Kultur in der Reihe Die besondere Aufnahme“ zwei historische Konzertmitschnitte der Berliner Festwochen senden: Am 11. September in einer Sondersendung zu 9/11 ab 19.05 Uhr den legendären Klavierabend von Peter Serkin, der am 11. September 2001 im Kammermusiksaal der Philharmonie ohne abschließenden Applaus stattfand. Am 18. September wird ein Abend mit Werken von Luigi Nono zu erleben sein, aufgeführt vom Sinfonieorchester des Südwestfunks Baden-Baden mit Dirigent Michael Gielen am 21. September 1985 in der Philharmonie.