Die Mitglieder des Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) e.V. trafen sich am 11. November in Berlin zu einer besonderen Premiere: Der Verband hatte zu seiner ersten Mitgliederversammlung und im Anschluss zu einem öffentlichen Kongress für die Live-Branche geladen. Über 200 Vertreter von Mitgliedsunternehmen nahmen daran teil.

Unter dem Motto "Blickwinkelerweiterung“ standen auf der Agenda nicht nur die branchenspezifischen Probleme sondern auch aktuelle Gesellschaftsthemen wie ein Vortrag zu der bisher erfolgten Umsetzung von Beschlüssen der UN-Klimakonferenz 2015, Maßnahmen zur Ressourcen-Nutzung durch Nachhaltigkeit sowie etwaiger Handlungsbedarf im Zusammenhang mit der aktuellen #MeToo Debatte. Ina Keßler, Geschäftsführerin der Initiative Musik, informierte die Teilnehmer über die Vielfalt der angebotenen Förderprogramme der Institution.

Besondere Aufmerksamkeit erzielten die Podiumsdiskussionen mit dem Direktor der Künstlersozialkasse (KSK), Uwe Fritz, sowie den Betreibern der Ticketzweitmarktplattformen Ticketbande, Twickets und TicketSwap. Ein weiterer Höhepunkt war die Präsentation des erst seit dem 6. November vorliegenden Vorschlages der Schiedsstelle beim DPMA zur Angemessenheit des von der Gesellschaft zur Wahrnehmung von Veranstalterrechten (GWVR) 2017 veröffentlichten Tarifs zur Vervielfältigung von Veranstaltungsmitschnitten auf Ton– und Bildtonträgen.

In der Diskussion mit Herrn Fritz ging es vornehmlich um die Bedeutung der A1-Bescheinigung für die Abgabepflicht der Veranstalter. "Zunehmend sehen sich Veranstalter mit der Aussage ihrer ausländischen Vertragspartner konfrontiert, dass ihre Künstler ausweislich einer von ihnen vorgelegten A1-Bescheinigung Arbeitnehmer seien und daher keine Abgabe gezahlt werden müsse“ beklagte Prof. Jens Michow, geschäftsführender Präsident des BDKV. Der Direktor der KSK erläuterte, dass es nach Auffassung der KSK bei der Beurteilung der Abgabepflicht stets darauf ankäme, ob der Auftritt des ausländischen Künstlers auch nach deutschem Recht, tatsächlich als unselbständige oder als selbständige Tätigkeit zu behandeln sei. Die Veranstalter wiesen darauf hin, dass Ihnen eine solche rechtliche Kenntnis voraussetzende Beurteilung nicht möglich sei. "Die Bedeutung der A1-Bescheinigung wird im europäischen Ausland anders interpretiert als bei uns. Das führt derzeit in der Branche zu erheblicher Verwirrung“ so Michow. "Sofern Künstler über eine A1-Bescheinigung verfügen, weigern sich ihre ausländischen Tourveranstalter, dass ihnen die Künstlersozialabgabe als Produktionskosten weiterbelastet wird. Konflikte sind da vorprogrammiert. Die KSK muss hier dringend Klarheit schaffen.“ Herr Fritz sagte zu, dass die KSK zeitnah transparente Abgrenzungskriterien erarbeiten werde, die dann auch den ausländischen Vertragspartnern vorgelegt werden könnten.

Zu aufgeheizter Stimmung führte die Diskussion mit dem Geschäftsführer der Ticketplattform Ticketbande, Frank Laurini. Während Herr Laurini beteuerte, dass Ticketbande nicht selbst Tickets aufkaufe oder aufkaufen lasse, warfen die Kongressteilnehmer dem Betreiber vor, selbst Aufkäufer und Anbieter von Tickets mit erheblichen Preisaufschlägen zu sein. Es schädige Künstler, Veranstalter und auch Kartenkäufer gleichermaßen, wenn gewerbliche Händler Tickets mit gewaltigen Preisaufschlägen ohne eigene Leistung und eigenes wirtschaftliches Risiko weiterverkauften und das Publikum dann die Kosten durch Verzicht auf den nächsten Konzertbesuch einsparen müssten.

Die sog. BDKV-Klausel, mit welcher der gewerbliche Weiterverkauf von Eintrittskarten verboten wird, hielten Laurini und sein Rechtsanwalt für unwirksam. Außerdem könnten derartige ‚Regulierungen‘ nicht im Interesse der Wirtschaft liegen. Die anwesenden Vertreter von Twickets und TicketSwap erläuterten, dass bei den Angeboten auf ihren Websites entweder gekennzeichnete Aufschläge auf den Nominalpreis des Tickets erfolgten bzw. max. ein Aufschlag von bis zu 20% gefordert werde.

"Alle Beteiligten konnten erleben, dass in einem großen Verband im doppelten Wortsinn Raum für jedes Anliegen aus den verschiedenen Bereichen der Konzert- und Veranstaltungsbranche ist und es mehr Gemeinsamkeiten gibt, als mancher vielleicht zuvor vermutet hat“ kommentierte Co-BDKV Präsident Pascal Funke die Veranstaltung. "Präsidium und Vorstand haben neben der Bestätigung wertvolle Anregungen und Handlungsaufträge erhalten, so dass wir gemeinsam maßgebende Projekte weiterverfolgen oder neu entwickeln können – es bleibt spannend, auch ein Jahr nach der Fusion!“

Im Rahmen der den langen Konferenztag abschließenden festlichen Abendveranstaltung verliehen die BDKV-Präsidenten Pascal Funke und Prof. Jens Michow nach einer Gratulationsansprache des Ehrenpräsidenten Michael Russ den mit 10.000 Euro dotierten Musikpreis des BDKV an das Singer/Songwriter Duo Hannah & Falco.

Der Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft wurde zum 1. Januar 2019 durch Fusion der beiden Verbände Bundesverband der Veranstaltungswirtschaft e.V. (bdv) und Verband der Deutschen Konzertdirektionen e.V. (VDKD) gegründet. In dem Berufsverband der deutschen Live Entertainment Branche sind über 500 Agenturen, Tournee- und Konzertveranstalter zusammengeschlossen. Die Veranstaltungsbranche erwirtschaftet jährlich mit 113,5 Millionen verkauften Tickets einen Gesamtumsatz von rund fünf Milliarden Euro.

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