Jedes Jahr im Herbst öffnet die Deutsche Stiftung Musikleben den Deutschen Musikinstrumentenfonds und verleiht zum Teil jahrhundertealte Streichinstrumente für zunächst zwei Jahre an herausragende Preisträger von "Jugend musiziert“. Corona-bedingt konnte die Vergabe in diesem Jahr jedoch nicht als fröhlicher Tag mit Musikern, Treugebern und Freunden der Stiftung im Spiegelsaal des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg stattfinden. Stattdessen wurden den gesamten Herbst bis weit in den Winter hinein die jungen Streicher einzeln in die Geschäftsstelle der Stiftung eingeladen und durften dort unter Beachtung aller Hygienevorschriften verschiedene Instrumente anspielen und ausprobieren. Zur Vergabe standen wieder besonders klangschöne Streichinstrumente, darunter über 300 Jahr alte historische Raritäten und seltene Instrumente mit verringerter Korpusgröße, an denen junge Virtuosen noch wachsen können und die für den Nachwuchs in den allermeisten Fällen unerschwinglich sind. 

Insgesamt wurden 13 Violinen, 5 Bratschen, 8 Violoncelli und 5 Kontrabässe an herausragende Preisträger von "Jugend musiziert“ vergeben. Zwei der jüngsten Teilnehmer waren der 11jährige Ianto Hien aus Burghausen, dem ein ½ Pöllmann-Bass aus dem Besitz der Deutschen Stiftung Musikleben verliehen wurde, und der 12jährige Sebastian Dietrich aus Mülheim, der sich über eine echte Rarität freuen konnte, ein ¾-Violoncello aus der Stainer-Schule um 1700. Nina Liu (17 Jahre) aus München wählte eine Meistervioline mit Zettel "Enrico Rocca, Genua 1896“ aus Geisingener Familienbesitz, die gerade erst in den Fonds eingegeben wurde. Antonia Mütze (16) aus Berlin entschied sich für eine Viola von Gaspar Borchardt (Cremona 1997), die der Stiftung als Schenkung aus Schleswig-Holsteiner Privatbesitz erstmalig zur Verfügung gestellt wurde. Und der 14jährige Alexej Fadejew aus Bielefeld durfte sich – nachdem er im letzten Jahr sowohl als Geiger, als auch als Bratscher erfolgreich bei Jugend musiziert teilgenommen hatte – sogar zwei Instrumente aussuchen. Er spielt jetzt auf einer Violine von Robert Max Paschy (Böhmen 1925), eine großzügige Schenkung an die Stiftung aus Kieler Familienbesitz sowie auf einer zwischen 1780 und 1800 erbauten Viola aus dem Vogtland, eine treuhänderische Eingabe in den Fonds aus Hamburger Familienbesitz.

Irene Schulte-Hillen, Präsidentin der Deutschen Stiftung Musikleben, ist überzeugt von dem Förderansatz der Stiftung, bereits den jüngsten Nachwuchsmusikern, die Möglichkeit zu geben, auf einem hervorragenden Instrument zu spielen: "Gerade in Zeiten von Corona ist es wichtig, den jungen Künstlern eine Perspektive zu geben und sie zu ermutigen, die Freude an ihrem Instrument aufrechtzuerhalten und sich musikalisch weiterzuentwickeln. Wo der Weg hinführen kann, sehen wir immer wieder an den Stipendiaten, die wir einst bei "Jugend musiziert“ kennen gelernt und dann bis hin zu herausragenden Wettbewerbserfolgen, Solistenkarrieren und renommierten Professuren und Orchesterstellen begleitet haben.“

Die Meisterstücke aus dem Fonds – Instrumente von Antonio Stradivari, Giambattista Guadagnini oder Andrea Guarneri – vergibt die Stiftung jedes Jahr im Februar im Rahmen eines anspruchsvollen Wettbewerbs an fortgeschrittene Nachwuchsstreicher, die an der Schwelle zu einer Profi-Laufbahn stehen. Und so manche Karriere hat einmal mit einem Instrument aus der "kleinen Vergabe“ im Herbst begonnen, etwa die von Konradin Seitzer, mittlerweile 1. Konzertmeister der Hamburger Philharmoniker, oder die von Albrecht Menzel, der mit 15 Jahren eine Geige aus dem "Kleinen Fonds“ bekam und mittlerweile auf einer echten Stradivari spielt. Dieser Weg steht nun auch den jungen Hoffnungsträgern der diesjährigen Vergabe frei, nicht wenige von ihnen nehmen nach zwei, drei Jahren beim "großen“ Wettbewerb um ein noch besseres Instrument teil. Die nächste Chance dazu bietet der 29. Wettbewerb des Deutschen Musikinstrumentenfonds vom 26. bis 28. Februar 2021, im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.

Deutscher Musikinstrumentenfonds

Der 1993 als gemeinsame Initiative mit der Bundesregierung gegründete Deutsche Musikinstrumentenfonds stattet aufstrebende Solisten mit hervorragenden Streichinstrumenten aus. Der anfängliche Bestand von 20 Instrumenten aus Stiftungs- und Bundesbesitz ist mittlerweile zur bundesweit größten Sammlung von über 200 klangschönen Geigen, Bratschen, Celli und Kontrabässen angewachsen – über die Hälfte davon sind Treugaben aus Privatbesitz.

Der Fonds umfasst sowohl historische Meisterstücke von Stradivari, Guarneri, Guadagnini oder Gagliano als auch moderne Instrumente europäischer Meisterwerkstätten, die als Auftragsarbeiten der Stiftung eigens hergestellt werden. Im Rahmen des jedes Jahr stattfindenden Wettbewerbs des Deutschen Musikinstrumentenfonds werden die Spitzeninstrumente durch eine unabhängige Fachjury an die junge Streicherelite vergeben. Rund die Hälfte der Instrumente bleibt Bundespreisträgern des Wettbewerbs "Jugend musiziert“ vorbehalten, die die Chance erhalten sollen, an einem hervorragenden Instrument weiter wachsen zu können.

Deutsche Stiftung Musikleben

Seit 1962 fördert die Deutsche Stiftung Musikleben bundesweit den Spitzennachwuchs in der klassischen Musik. Unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten begleitet sie derzeit rund 300 hochbegabte junge Musiker zwischen 12 und 30 Jahren langfristig und individuell mit einem umfassenden Förderangebot:

Neben dem Deutschen Musikinstrumentenfonds bietet die Stiftung in der Konzertreihe "Foyer Junger Künstler“ ihren "Rising Stars“ vielfältige Auftrittsmöglichkeiten, die vom Kammerkonzert über musikalische Rahmenprogramme und das traditionelle Sommerkonzert auf Sylt bis zu Debüts in großen Sälen reichen. Abgerundet wird das Förderkonzept durch Sonderpreise und Stipendien, von der Auszeichnung bei Wettbewerben über das Carl-Heinz Illies-Stipendium für junge Pianisten bis zum Gerd Bucerius-Stipendium für ein Musikstudium an einer der großen Musikhochschulen der Welt. Mit Patenschaften geben besonders engagierte Förderer ausgewählten Stipendiaten finanzielle Unterstützung für deren musikalischen Werdegang. Die gemeinnützige Stiftung wird ehrenamtlich geleitet, seit 1992 von Irene Schulte-Hillen, und bestreitet ihr umfangreiches Förderprogramm unter dem Motto "KÖNNER BRAUCHEN GÖNNER“ fast ausschließlich durch Zuwendungen ihrer Freunde und Förderer, die sich mit ehrenamtlichem Einsatz, Spenden und Zustiftungen, mit Künstlerpatenschaften oder Instrumententreugaben engagieren.

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