Um einen Einblick in die Entwicklungen von Digitalität und Medien im Musiktheater zu gewinnen und der Frage nachzugehen, wie die Oper in naher Zukunft vielleicht aussieht, lud das STAATSTHEATER zusammen mit dem Karlsruher ZKM führende Medienkünstler und innovative Theatermacher am 25. Januar zum OPER- und MEDIENKUNST-SYMPOSIUM ein. 200 Menschen sind der Einladung gefolgt, die Blicke auf die Oper neu zu schärfen, auf verschiedenen Panels die Zukunft der Oper zu diskutieren oder Best Practice vorzustellen.

Peter Spuhler, Generalintendant des Badischen STAATSTHEATERS: "Über das riesige Interesse freuen wir uns. Viele Studierende der hiesigen Lehrstühle in Baden-Württemberg, aber auch nationales und internationales Publikum hat sich im ZKM in Karlsruhe zusammengefunden. Einmal mehr zeigt sich: auch wir haben unsere Filterblase verlassen und uns in die Begegnung mit inspirierenden jungen Leuten und Medienkünstlern begeben. Wir haben festgestellt wo wir stehen, haben Erfahrungen ausgetauscht und an vielen internationalen wie nationalen Beispielen Wege aufgezeigt. Ich bewundere den Erfindungsgeist in Finnland und wie die Oper dort schnell voranschreitet ohne Berührungsängste auch im Bereich der Medien- oder Technikanbieter. Oder wie in Montpellier mit gamifizierten Medienkonzepten jüngere Publikumsschichten für die Oper erschlossen werden. Digitale Technologien umgeben uns täglich. Wir haben über die spannenden Möglichkeiten diskutiert und viel darüber gelernt, wie sie die Kunstform Oper bereichern können. Ich blicke neugierig in eine Zukunft, in der wir Musiktheater so auf ungewöhnliche und neue Weise erfahren können – und dabei auch Menschen begeistern, die noch nie in einer Opernaufführung waren.“

Dr. Susanne Asche, Leiterin des Kulturamtes, bekräftigte in ihrem Grußwort, dass es keinen besseren Platz für das Symposium geben könne, als in der City of Media Arts – Karlsruhe. Kay Voges, Intendant des Schauspiels Dortmund und Direktor der Akademie für Theater und Digitalität, wies in seiner viel beachteten Key Note darauf hin, dass auch die Theaterwelt zur Kenntnis nehmen müsse, dass das psychologische Jahrhundert vorbei sei. Auch wies er auf die Notwendigkeit hin, dass es Laborfreiräume zum Forschen ohne Zeit- und Ergebnisdruck geben müsse. Denn Theater wurde seit jeher immer auch als Maschine gedacht. Das digitale Zeitalter verursache Kosten. Innovation koste. Politik müsse entsprechende Mittel bereitstellen, um digitale Projekte erst möglich zu machen. Oper sei ein Live-Erlebnis, unterstrich Operndirektorin Nicole Braunger. Der Einsatz der Medienkünste solle ein neues Hörerlebnis ermöglichen oder komplett neue Zugänge zum Gehörten schaffen, stellte Musik- und Theaterwissenschaftler sowie Publizist Stephan Mösch fest. Autor und Dramaturg Carl Hegemann sprach sich für die körperliche Kopräsenz auf der Bühne als dem Ort des Geschehens aus. Dabei wurde auch der Gedanke von Peter Spuhler laut, in der Medien- und Kunststadt Karlsruhe entsprechende Labore zum Experimentieren und Ausbildungsgänge zu schaffen. Es sei alles vorhanden in Karlsruhe: mit etwas Mut könne hier ein Theater & Opern Labor entstehen, mit viel Freiraum zum Experimentieren in Verbindung mit Media Arts. Es wäre die Chance für unendlich viel Kreativität und ein Platz für neue ungewöhnliche Wege. Bemerkenswerte Beispiele aus der Praxis bekamen die Gäste etwa aus Helsinki und St. Petersburg zu sehen. Im 360 Grad Lab präsentierte das russische Künstlerkollektiv AES+F eine Videoinstallation TURANDOT erstmals öffentlich.

In drei Panels wurden einerseits die Oper und Medienkunst in Deutschland, andererseits die internationalen Perspektiven präsentiert. Das Panel Kunst der Klänge eröffnete die Diskussion über transmediale Ansätze im Zusammenspiel zwischen Komposition, Aufführung und Rezeption im Musiktheater des 21. Jahrhunderts. In der traditionellen Kunstform Oper kam es schon immer auf eines an: Prima la musica. Die Oper hat sich in der Vergangenheit per se die modernsten Mittel angeeignet und eingesetzt. Schon früh wurde Theater als "Maschine“ gedacht – mit all seinem Zauber, den Effekten und der Verwandlung. "Die Oper kann auch künftig ein Labor für das Musiktheater sein, bei dem geforscht wird ohne Ziel, etwa um die Mittel zu erproben. Oper ist lebendig, klug und hatte noch nie Berührungsängste. Und hat sich schon immer der neuesten Medien bedient.“ Im dritten Panel kamen die Komponisten zu Wort. Wenn Medienkunst nicht allein als dekorative Zutat verstanden wird, sondern als ästhetisches Mittel im Herzen der Oper, so betrifft das auch den Vorgang des Komponierens selbst. Unterstützt der Computer das Komponieren nur? Ist er ein Partner? Wie ist es mit interaktiven Installationen - ist da das Publikum der Komponist und der Komponist der Programmierer?

Im ZKM gab es außerdem die Möglichkeit, die Virtual-Reality-Oper Digital Freischütz zu erleben. Panelteilnehmer waren unter anderem das berühmte russische Medienkunstkollektiv AES+F, Regisseur und Videokünstler Manuel Braun, Regisseur Fabio Cherstich, Autor und Dramaturg Carl Hegemann, Musik- und Theaterwissenschaftler sowie Publizist Stephan Mösch, die VR-Experten Cyberräuber aus Berlin, Vertreter der Ars Electronica Linz, die Intendantin der Finnischen Nationaloper Helsinki Lilli Paasikivi und Olga Soloveva aus St. Petersburg als Vertreterin des Projekts Digital Opera 2.0. Komponist Marc Sinan, Autorin Maike Wetzel und Wissenschaftler des Ethnologischen Museums und des Humboldt Forums stellten "De-linking Sounds“ vor, gefördert von der Kulturstiftung des Bundes. Das STAATSTHEATER ist Partner und wird eine Kammeroper und weitere Produktionen im vierjährigen Projekt mit erarbeiten. Das Symposium mündete in die Premiere der Oper Turandot, inszeniert Fabio Cherstich in Zusammenarbeit mit dem russischen Videokunstkollektiv AES&F, und Beitrag in der Reihe OPER UND MEDIENKUNST des STAATSTHEATERS – eine Kooperation mit den Opernhäusern in Palermo und Bologna.