Die Gesellschaft für Musikgeschichte Baden-Württemberg e.V. hat den Dirigenten Professor Frieder Bernius zu ihrem neuen Präsidenten gewählt. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich Frieder Bernius unter anderem erfolgreich für die Wiederentdeckung von im Südwesten entstandenen Werken zahlreicher Komponisten eingesetzt und diese der Musikwelt wieder ins Bewusstsein gerufen. Mit ihm übernimmt ein Musiker und ausgewiesener Fachmann für die Musikgeschichte Baden-Württembergs das Amt, der sich in Theorie und Praxis gleichermaßen auskennt.

Die Gesellschaft für Musikgeschichte in Baden-Württemberg e.V. (GMG) wurde im Jahr 1993 gegründet. Ziel des Vereins ist es, die große Vielfalt an Quellen, Gattungen und Wirkungsstätten des Musiklandes Baden-Württembergs zu erschließen, publizistisch zu dokumentieren und zu bewahren. Musikgeschichte soll als Grundlage musikalischer Praxis verstanden werden.

Stellungnahme von Frieder Bernius

»Die Geschichte der Musik wird nach mehrheitlicher Meinung von einem Geniekult bestimmt. Richtig ist, dass es einzelne Köpfe waren, die aus ihren Epochen herausragen und uns bis heute faszinieren. Fallen aber Genies einfach nur vom Himmel? Nein, sie sind in einem Umfeld aufgewachsen, ohne das sie nicht die richtige Unterstützung ihrer einmaligen Fähigkeiten erhalten hätten. Dieses Umfeld zu erkunden, kann genauso neugierig machen wie von Meisterwerken gefesselt zu werden. Sich allein an herausragenden Werken einer Epoche zu orientieren, birgt freilich die Gefahr einer Verengung des Repertoires und der Abnutzung.

Es fällt auf, dass im Gegensatz zur Literatur aus dem deutschen Südwesten kein überragender Komponist stammt. Allerdings sind dessen Zentren wie Mannheim/Schwetzingen, Stuttgart/Ludwigsburg und Karlsruhe der Nährboden für viele musikgeschichtliche Höhepunkte gewesen. Sie haben entwickelt und befördert, was von unbestrittenen Größen ausgegangen ist.

Diese ebenso bedeutenden, oft vergessenen Schätze des deutschen Südwestens zu heben und zu erhalten, hat sich die Gesellschaft für Musikgeschichte in Baden-Württemberg (GMG) mit ihren Präsidenten Manfred Hermann Schmid, Joachim Kremer und Rainer Bayreuther, unterstützt von Bärbel Pelker, seit beinahe 30 Jahren zur Aufgabe gemacht. Es ging und geht ihnen vor allem um Erhaltenes zu bewahren und zu erschließen sowie Neues zu entdecken und bekannt zu machen.

Ich freue mich, diese hervorragende Arbeit weiterzuführen und in öffentlichen Aufführungen zum Klingen zu bringen. Ich habe mich in den vergangenen drei Jahrzehnten für die Wiederentdeckung von Werken der Komponisten Niccolò Jommelli, Johann Rudolf Zumsteeg, Franz Danzi, Justin Heinrich Knecht, Ignatz Holzbauer, Christian Cannabich und Johann Wenzel Kalliwoda, die alle im deutschen Südwesten entstanden sind, engagiert. In Zusammenarbeit mit Institutionen, Interpreten und Regionen des Landes möchte ich weiter das Interesse an den musikalischen Schätzen des Landes lebendig halten. Die GMG wird dabei dankenswerter Weise von Stiftungen sowie dem Projekt ›FreiRäume‹ des Landes Baden-Württemberg unterstützt. Im ersten Jahr sind Projekte in Gerabronn, Wertheim, Messkirch und in Schwäbisch Hall geplant.«

Biografie Frieder Bernius

Frieder Bernius wurde 1947 in Ludwigshafen am Rhein geboren und ist heute als Dirigent vieler Genres und Werke vieler Epochen tätig. Während seines Studiums gründete er im Alter von 20 Jahren den Kammerchor Stuttgart, der als einer der besten a cappella-Ensembles seiner Art gilt und auf nahezu allen Kontinenten konzertiert hat. 1987 rief er die Internationalen Festtage Alter Musik (heute: Festival Stuttgart Barock) ins Leben. 1991 gründete er das Barockorchester Stuttgart und 2006 die Hofkapelle Stuttgart, die sich auf das 18. und frühe 19. Jahrhundert spezialisiert haben. Mit dem Kammerchor und der Klassischen Philharmonie Stuttgart sind ihm viele chorsymphonische Referenzaufführungen gelungen. Seine vielfach mit Preisen ausgezeichneten Aufnahmen dokumentieren sein Repertoire von Bach bis Ligeti.

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