Musik wird heute kaum noch gekauft, sondern als Service gemietet. Im Plattformkapitalismus treffen veraltete Lizenz-Modelle auf Streaming-Algorithmen und eine unsichere Rechtslage. Davon sind Nutzer*innen und Kreative gleichermaßen beeinträchtigt. Nachdem die Thementage 100 Jahre Copyright vergangenes Jahr der Entwicklung geistiger Eigentumsrechte in der Musik nachgespürt haben, untersucht Right the Right im HKW Zukunftsszenarien und Gegenentwürfe zum Copyright und darauf basierenden Infrastrukturen.

Musikalisch eröffnet das Festival mit dem legendären Multiinstrumentalisten Hermeto Pascoal. Vor einigen Jahren beschloss er, auf Tantiemen für die Nutzung seiner Kompositionen zu verzichten. Sina Kamala Kaufmanns neue Erzählung entwirft mit dem Chaos Ballett eine matriarchale Utopie der Entfaltung und der Fürsorge. (Do 21.11. ab 19h)

Aus Partituren des Musikers Dan Bodan erarbeiten Algorithmen des Programmierers Scott Carver "neue“ Versionen, die im HKW vom Kammerensemble Neue Musik uraufgeführt werden. Ende der 1960er Jahre entwickelt der Komponist John Oswald die Technik des "Microsamplings“ und erfindet das Genre "Plunderphonics“. Die Kombination aus "Rave“ und "Algorithmus“ ergibt Algorave – ein neues Clubnacht-Prinzip, das Alexandra Cárdenas und Antonio Roberts live ins HKW bringen. (Fr 22.11. ab 20h)

Nach dem Album Visitantes Nordestinos von 2017 erarbeiten die Copyright-Skeptiker Mitch & Mitch mit dem Copyright-Fan Kassin ein exklusives Programm für Right the Right. Der Star-Produzent aus Beijings neuer Undergroundszene Howie Lee spielt gemeinsam mit Virtual Reality-Game-Designer Teom Chen den Sound zur sinofuturistischen Gegenwart. (Sa 23.11. ab 21h)

Das Festival endet mit performativen Auftragsarbeiten zum Thema Audio ID-Technologien. Kollaboration und Open Source gehören schon seit den 1990ern zum Ansatz des Kollektivs Chicks on Speed um Melissa E. Logan und Alex Murray-Leslie. Im HKW nutzen sie automatische Musikerkennungstechnologie, um neue Werke zu kreieren. Jasmine Guffond remixt "falsche Treffer“ der Erkennungssoftware Content ID und fordert live das System heraus. (So 24.11. ab 19h)

In Talks und Panels untersuchen Künstler*innen, Medienforschende und Jurist*innen alternative Konzepte und neue Infrastrukturen für Musik, Copyright und Zugang in einer globalisierten Welt. Holly Herndon & Mat Dryhurst stellen ihr Forschungsprojekt Interdependent Music zu Modellen gleichberechtigter Vergütung und Kollektivverwaltung in der elektronischen Clubszene vor. Die Juristin Ruth Okediji spricht über postkoloniale Machtrelationen im globalisierten Copyright, Community-basierte Schutzmodelle und die Public Domain. Niva Elkin-Koren und Rasmus Fleischer beschäftigen sich mit dem Musikstreaming-Business und den Rechten der Nutzer*innen im Plattformkapitalismus. Welche Potenziale Blockchain-Technologien für Musikschaffende bieten präsentiert Carlotta de Ninni. Die Künstler*innenorganisation Constant geht der Frage nach, wie Copyleft-Lizenzen aus feministischer, postkolonialer und kollektiver Perspektive neu erfunden werden können. (22.-24.11., Eintritt frei)

Jan St. Werner (Mouse on Mars) manipuliert Musik von The National und löst die Kategorien von Band und Album auf. Seine Installation basiert auf Wellenfeldsynthese; die Position der Zuhörer*innen wird Teil der Komposition. (21.–27.11.)

Kuratiert von Detlef Diederichsen

Im Rahmen von Das Neue Alphabet (2019-2021), gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Das Haus der Kulturen der Welt wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie das Auswärtige Amt.

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