Die Berliner Festspiele befragen in der aktuellen Festivalausgabe Geschichte und Geschichtsschreibung als zeitpolitische Phänomene. In über 30 Konzerten, Performances, Filmvorführungen, Ausstellungen und Diskursveranstaltungen werden neue Arbeiten von Jennifer Walshe und Timothy Morton, Olga Neuwirth, Justė Janulytė, George Lewis und Elaine Mitchener präsentiert. Neben dem Diskursprogramm "Thinking Together“ und "The Long Now“ im Krafwerk Berlin setzt das Festival mit dem Projekt "Tele-Visions“ einen großen Schwerpunkt auf die Mediengeschichte der musikalischen Avantgarde von den 1950er bis in die 1990er Jahre.

MaerzMusik 2019 eröffnet am 22. März mit Frederic Rzewskis großem Variationswerk "The People United Will Never Be Defeated“ (1975), gespielt vom Komponisten selbst. Diesem präzise organisierten Klavieropus ist im zweiten Teil des Abends das entrückende Klangplasma "Clepsydra“ (1981/82) von Horațiu Rădulescu gegenübergestellt, das erstmals in seiner originalen Form zu hören sein wird. Ein neues multimediales Projekt von Jennifer Walshe und Timothy Morton, das vom Festival mit in Auftrag gegeben wurde, erkundet die Vielfalt von Zeitlichkeit im Zentrum des Menschseins 24.3. Der Komponist und Experimentalmusiker George Lewis widmet mit dem New Yorker Ensemble Pamplemousse dem Angedenken des Künstlers Terry Adkins eine Live-Interaktion in Musik, Bild und Text 26.3. Die Stimmkünstlerin und Performerin Elaine Mitchener wird mit dem neuen Projekt "the then + the now = now time“ der Frage nach dem "Eingedenken“ nachgehen und dies bei MaerzMusik als Premiere vorstellen 25.3. Der Stummfilm "Die Stadt ohne Juden“ von Hans Karl Breslauer aus dem Jahr 1924 war in seiner Zeit erschreckend visionär und ist für unsere Zeit wieder erschreckend aktuell – die österreichische Komponistin Olga Neuwirth hat die Musik zum Stummfilm neu komponiert. Nach der erfolgreichen Uraufführung durch das Ensemble PHACE in Wien kommt dieses Projekt zu MaerzMusik 2019 nach Berlin 29.3. Eine weitere Komposition von Olga Neuwirth steht auf dem Programm des Konzerthausorchesters Berlin – ein Konzertabend, der neben Neuwirth zwei weiteren Komponistinnen Raum geben wird: der US-Amerikanerin Ashley Fure mit "Bound to the Bow“ (2016) und Justė Janulytė aus Litauen mit einem für MaerzMusik neu komponierten Werk 28.3. Wie Ashley Fure ist auch die taiwanesische Künstlerin Liping Ting im Künstlerprogramm des daad zur Zeit in Berlin zu Gast und wird im Rahmen von MaerzMusik ihre neue Installation "Water Timing S. – Times' Spiral” in der daad Galerie vorstellen 24.3. In dem Projekt "useless land“ laden die Künstlerinnen Catalina Insignares und Carolina Mendoça ins Haus der Berliner Festspiele zu einer nächtlichen Lesung ein. Von Mitternacht bis zum Morgen werden Texte zu einer Welt vor der industriellen Revolution zu hören sein 24./25.3.

MaerzMusik 2019 setzt mit dem Projekt Tele-Visions einen Schwerpunkt auf die kritische Reflexion der geschichtlichen (Selbst)Darstellung der neuen Musik im Massenmedium Fernsehen. Ein umfangreiches Archiv von Fernsehproduktionen zur musikalischen Avantgarde der 1950er bis 1990er Jahre, das während der gesamten Dauer des Festivals im silent green zu erleben ist, lädt zu einer medienarchäologischen Zeitreise ein. Eine Filminstallation, kommentierte Filmprogramme, Lectures und Präsentationen beleuchten die Geschichtsnarrative der musikalischen Avantgarde vor dem Hintergrund aktueller Fragestellungen bzgl. Diversität, Ungleichheit der Geschlechter, Intersektionalität und Kolonialität. Gemeinsam mit SAVVY Contemporary präsentiert MaerzMusik darüber hinaus die international gefeierte Ausstellung "A Utopian Stage. Festival of Arts, Shiraz-Persepolis (1967–1977)”.

Eingebettet sind diese medienarchäologischen Projekte in das Diskursformat Thinking Together, das sich mit Geschichte, Geschichtsschreibung und Geschichtsphilosophien als zeitpolitische Konstruktionen auseinandersetzt.

The Long Now bildet wieder den Abschluss von MaerzMusik − Festival für Zeitfragen 2019. Am 30. und 31. März sind in der Kulisse des Kraftwerk Berlin mehr als 30 Stunden Musik aus unterschiedlichen Klangwelten zu erleben, eine großformatige Komposition aus Konzerten, Performances und elektronischen Live-Acts mit Klang- und Videoinstallationen.

Das Projekt QuerKlang feiert seine seit 15 Jahren bestehende Arbeit und Zusammenarbeit mit MaerzMusik und bringt wieder Kompositionen von Schüler*innen zur Uraufführung.

MaerzMusik – Festival für Zeitfragen 2019 findet vom 22. bis 31. März statt und wird von den Berliner Festspielen im Haus der Berliner Festspiele und an anderen Orten in ganz Berlin veranstaltet. Seit der Neuausrichtung des Festivals durch Berno Odo Polzer – seit 2015 künstlerischer Leiter – spürt MaerzMusik dem Phänomen Zeit in seinen politischen, gesellschaftlichen, philosophischen und künstlerischen Dimensionen nach. In konkret-künstlerischen und theoretisch-reflektierenden Formaten werden relevante Fragestellungen sichtbar, die unsere Gegenwart auszeichnen und zugleich untrennbar mit dem Zeitmedium Musik verbunden sind. Damit ist das Festival eine interdisziplinär angelegte Plattform, die aktuelle Musikformen, Performances, Installationen, Filmpräsentationen und Ausstellungen mit dem Diskursformat "Thinking Together“ verbindet.

Deutschlandfunk Kultur wird das Konzert im Konzerthaus Berlin am 28. März um 20.00 Uhr LIVE übertragen. Weitere Medienpartner des Festivals sind rbb Kulturradio, The Wire, Exberliner und Monopol.

Sie finden alle Informationen zum Festival auf unserer neuen Webseite unter berlinerfestspiele.de/maerzmusik