Martin Brandlmayr erhält den Karl-Sczuka-Preis für Hörspiel als Radiokunst 2018 für sein Hörspieldebüt "Vive les fantômes“. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 12.500,- Euro verbunden. "Vive les fantômes“ ist eine Produktion des Südwestrundfunk, die am 05.06.2018 urgesendet wurde. Der Förderpreis geht an Carsten Schneider für seine Hörcollage "Die Gefahren eines Jahres im Deutschlandfunk“, eine freie Autorenproduktion.

Der international renommierte Karl-Sczuka-Preis wird jährlich an die "beste Produktion eines Hörwerks, das in akustischen Spielformen musikalische Materialien und Strukturen benutzt“, verliehen. In diesem Jahr wurden 74 Wettbewerbsbeiträge von 94 Bewerbern aus 17 Ländern eingereicht. Über die Zuerkennung des Preises hat am Donnerstag, 12. Juli, in Baden-Baden eine unabhängige Jury unter Vorsitz der ehemaligen Kulturstaatsministerin Christina Weiss entschieden. Weitere Jurymitglieder waren Marcel Beyer, Michael Grote, Helmut Oehring und Margarete Zander.

Erinnerung und Wiederholung – für Martin Brandlmayr wichtige Elemente in der kompositorischen Arbeit. Auch in seinem Hörspieldebüt tauchen sie auf und geben Struktur und Form. Verwandtschaften entdeckt Bandlmayr beim Philosophen Jacques Derrida, der immer wieder zu Wort kommt. Er spricht von "Gespenstern" - Brandlmayr erinnert sich an jene, die ihn in seinem Schaffen geprägt haben: Miles Davis, Billie Holiday und Thelonious Monk - aber auch Filme wie "Sans Soleil" von Chris Marker und Hitchcocks "Vertigo".

In einer Gesellschaft, die tendenziell versucht, alles Uneindeutige und nicht Einzuordnende auszublenden oder an den Rand zu drängen, kann "Vive les fantômes" als Aufruf verstanden werden, die "Gespenster“ – die "von uns verdrängten mehrdeutigen Schwellenwesen“ – im Leben willkommen zu heißen und sich lustvoll mit ihnen zu beschäftigen.

Eine Vielzahl von akustischen Momentaufnahmen (Field-Recordings, Sprachfetzen, Musik etc.) bilden ein Netzwerk, eine in sich verwobene Struktur, in der immer wieder Motive auftauchen, sich aufeinander beziehen und Verbindungen herstellen. Eine Vielheit von Musik und Klang, ein Spiegelkabinett, eine Echokammer, die sich mit steigender Entfernung zu einem Rauschen verdichtet. Als Gespenster einer vergangenen Zeit tauchen die Tonaufnahmen in immer neuer Gestalt auf, manchmal ähnlich den Elementen einer Fuge, werden permutiert und verändert, in neuer Umgebung gesehen, aus neuer Perspektive betrachtet. Die Rhythmik und der Klang des Schlagzeugs mit seinen erweiterten Klangmöglichkeiten bilden einen Rahmen, sie verbinden, verknüpfen und stellen einen musikalischen Kontext her.

 

Martin Brandlmayr, geboren 1971 in Bad Ischl/Österreich, studierte Schlaginstrumente an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Er lebt als Schlagzeuger und Komponist in Steinbach am Attersee und ist u. a. Mitglied der Gruppen Radian, Polwechsel und Trapist. Mit Radian hat er seit Mitte der 1990er-Jahre sieben Alben veröffentlicht und tourte weltweit. Arbeitet im Grenzbereich zwischen elektronischen und akustischen Klangwelten, intensive Auseinandersetzung mit dem Schlagzeug als Groove Instrument einerseits und als erweiterter Klangkörper andererseits.

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