Dr. Merle Fahrholz wird neue Intendantin des Essener Aalto-Musiktheaters und der Essener Philharmoniker. Diese Entscheidung traf der Aufsichtsrat der Theater und Philharmonie Essen (TUP) einstimmig in seiner heutigen Sitzung. Fahrholz tritt zum Beginn der Spielzeit 2022/2023 die Nachfolge von Hein Mulders an. Ihr Vertrag läuft dann über fünf Spielzeiten bis Sommer 2027. Derzeit ist die promovierte Musikwissenschaftlerin stellvertretende Intendantin und Chefdramaturgin an der Oper Dortmund. Maßgeblich unterstützt hat die Suche nach einer neuen Intendanz ein sechsköpfiger Arbeitsausschuss. Dem Gremium gehörten an: Barbara Rörig (Aufsichtsratsvorsitzende), Hans-Ulrich Krause (1. Stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender), Tabea Buddeberg (2. Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende), Muchtar Al Ghusain (Kulturdezernent), Adil Laraki (Arbeitnehmervertreter) und TUP-Geschäftsführerin Karin Müller (geschäftsführend ohne Stimmrecht). Mit der Berufung der Opern- und Orchesterintendantin hat der Aufsichtsrat zugleich beschlossen, die Philharmonie Essen zukünftig mit einer eigenständigen Leitung zu besetzen. Mit der Suche nach einer geeigneten Persönlichkeit wurde der bereits gebildete Arbeitsausschuss beauftragt.

Barbara Rörig, Vorsitzende des Aufsichtsrates und Mitglied des Arbeitsausschusses, ist froh über die zügig herbeigeführte Entscheidung: „Mit Dr. Merle Fahrholz haben wir eine ausgezeichnete Persönlichkeit gewinnen können, die den Opernbetrieb aus verschiedenen Häusern sehr gut kennt, über ein weit verzweigtes Netzwerk verfügt und von der wir den Eindruck haben, dass sie hervorragend in unsere TUP-Familie, zum Aalto-Theater und zu unserem Orchester passt. In den Gesprächen mit ihr zeigte sich eine zukunftsorientierte Mischung, die auch in ihrer bisherigen Vita zum Ausdruck kommt: wissenschaftliche Sorgfalt, hohe Ansprüche an künstlerische Aspekte sowie soziale Kompetenz gepaart mit einem menschen- und lösungsorientierten Führungsstil. Für Frau Fahrholz ist Oper ein Teil unserer bunten gesellschaftlichen Gegenwart. Sie richtet den Blick auf aktuelle Herausforderungen, ohne dabei die historisch analytische Perspektive auf ästhetische Phänomene zu vernachlässigen. Wichtig war es uns zudem, den Auswahlprozess straff, effizient und gleichzeitig mit der nötigen Sorgfalt zu gestalten. So hat sich das Auswahlgremium intensiv mit über 40 Führungspersönlichkeiten der nationalen und internationalen Opernszene befasst, die für die Nachfolge in Betracht kamen. Ich denke, das ist uns gut gelungen und ich danke in diesem Zusammenhang allen Mitgliedern des Arbeitsausschusses für die zielorientierte Zusammenarbeit während der vergangenen Monate. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Frau Fahrholz in den kommenden Jahren.“

Muchtar Al Ghusain, Kulturdezernent der Stadt Essen und Mitglied des Arbeitsausschusses, betont: „Frau Dr. Fahrholz hat das Auswahlgremium von Beginn an durch ihre umfassende Kenntnis der regionalen, nationalen und internationalen Opernhäuser beeindruckt. Ihre Ideen, einerseits verstärkt Komponistinnen zu präsentieren und andererseits mit jungen Menschen zu arbeiten, die vielleicht erstmals mit Musiktheater in Berührung kommen, haben uns sehr überzeugt.“

Dr. Merle Fahrholz freut sich auf die Aufgabe an ihrer neuen Wirkungsstätte: „Es ist mir eine große Freude und Ehre, in Zukunft an diesem außergewöhnlichen Haus zu arbeiten, das nicht nur durch seine herausragende Architektur einmalig ist, sondern vor allem einen hervorragenden künstlerischen Ruf genießt und von einer sehr gemeinschaftlichen Arbeitsweise sowie einem lebendigen Miteinander geprägt wird. Ich freue mich, alle Kolleg*innen der TUP bald kennen zu lernen! Es ist für mich ein Vergnügen, weiterhin im Ruhrgebiet wirken zu dürfen, da mir die Offenheit der Menschen sehr zusagt. Das soll sich in meinem Programm spiegeln, das durch alle Jahrhunderte bis in die Gegenwart reichen wird. Unter dem Schlagwort „Open up“ möchte ich mit künstlerischen Projekten Essen entdecken und gemeinsam mit den Bürger*innen in eine intensive Auseinandersetzung eintreten über die Stadt, in der wir leben. Dies umfasst auch den Ausbau der Arbeit mit und für Kinder und Jugendliche, seit jeher eines meiner zentralen Anliegen. Ein wichtiger Bestandteil des Programms ab 2023/2024 – denn die Saison 2022/2023 ist bei Amtsantritt bereits vorgeplant – wird die Etablierung eines Komponistinnenschwerpunkts auf der Opernbühne und in den Konzerten sein. Die Arbeiten von komponierenden Frauen werden regelmäßig im Fokus stehen, konzentriert sollen sie in Festivals hörbar sein und zur Diskussion gestellt werden. Die Spielpläne werden geprägt sein durch eine ausgewogene Programmatik, die sowohl Neuentdeckungen als auch Klassiker des Repertoires beinhaltet, und eine Vielfalt der Ästhetik. Im Zentrum meiner Arbeit in allen Bereichen steht die Sinnlichkeit, die bewusste Wahrnehmung von Musik als emotionaler Kunst.“

Biografie Dr. Merle Fahrholz

Seit der Spielzeit 2018/2019 ist Dr. Merle Fahrholz Chefdramaturgin und stellvertretende Intendantin der Oper Dortmund. Zuvor arbeitete die gebürtige Bad Homburgerin als Dramaturgin für Musiktheater am Nationaltheater Mannheim, am Theater und Orchester Heidelberg sowie am Theater Biel Solothurn (Schweiz). Zuvor sammelte sie Erfahrung bei den Berliner Philharmonikern, an der Semperoper Dresden und der Metropolitan Opera New York. Als Produktionsdramaturgin betreute sie sowohl Repertoirewerke wie auch selten gespielte Opern, Uraufführungen und Stückentwicklungen; dazu gehören beispielsweise die Uraufführungen von Bernhard Langs Opern „Der Golem“ (2016) und „Der Hetzer“ (2021), die musiktheatrale Performance „Flowers of Carnage“ von Annesley Black (2015) oder die Jugendoper „Persona“ von Thierry Tidrow (2021). Sie arbeitete mit Regisseur*innen wie Peter Konwitschny, Lorenzo Fioroni, Christof Nel, Tatjana Gürbaca, Roland Schwab, Dietrich Hilsdorf, Martin G. Berger und Wolfram Mehring.

Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Kulturvermittlung – so zeigte sie sich u. a. mit „Catching fire – Haendel on the Road“ für ein interkulturelles Händelprojekt mitverantwortlich, das in mehreren Etappen in Serbien durchgeführt wurde, oder leitete mit „Wunder: Herkunft unsicher“ ein generationsübergreifendes Projekt in Zusammenarbeit zwischen dem Theater Biel Solothurn, dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Bern, der Abteilung Visuelle Kommunikation der Hochschule der Künste Bern, der Volkshochschule der Region Biel – Lyss sowie dem Seeland Gymnasium Biel.

Darüber hinaus organisiert sie Symposien an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis, u. a. gemeinsam mit der Universität Heidelberg sowie der UNESCO City of Literature Heidelberg, oder der Universität Zürich bspw. mit dem Symposium „Frauen:Stimmen“ im Rahmen des Othmar-Schoeck-Festivals 2020. Lehraufträge führten sie u. a. an die Universitäten Heidelberg und Zürich. 2015 promovierte sie an der Universität Zürich. Ihr Buch zu Heinrich August Marschners romantischer Oper „Der Templer und die Jüdin“ erschien im Bärenreiter-Verlag. 2020 war sie Mitherausgeberin des Buchs „Oper 2020 – eine Dokumentation aus der Oper Dortmund“, das in Zusammenarbeit mit dem fimt (Forschungsinstitut für Musiktheater) der Universität Bayreuth erschien.