Sprache und Musik auf der einen, Emotion, Erinnerung und Entscheidungsfindung auf der anderen Seite – Forschungsaktivitäten auf diesen Gebieten laufen in der Regel unabhängig voneinander ab. Schnittstellen zwischen diesen traditionell eigenständigen Forschungsbereichen experimentell zu erforschen, das haben sich die Max-Planck-Gesellschaft und die New York University in einem wissenschaftlichen Gemeinschaftsprojekt zum Ziel gesetzt: Am 12. März wurde das neue Max Planck – NYU Center for Language, Music and Emotion (ClaME) in New York City offiziell eingeweiht.

Ästhetische Erfahrungen und Praktiken prägen seit Anbeginn der Menschheit die Kulturen. Ästhetisch motivierte Entscheidungen durchziehen unseren gesamten Alltag. Hier setzt das Center for Language, Music and Emotion an, indem es nach Antworten auf anspruchsvolle interdisziplinäre Forschungsfragen sucht: Welche Rolle spielen Emotionen beim Sprachenlernen? Nehmen wir bei Musik – wie im Fall von Sprache – eine zugrundeliegende syntaktische Struktur wahr? Welche kognitiven Prozesse und Darstellungen bilden die Grundlage unserer ästhetischen Urteile. Und wie entwickeln sich unsere ästhetischen Präferenzen im Laufe unseres Lebens?

Um Fragen wie diesen auf den Grund zu gehen, arbeiten zwei Partner zusammen, deren Arbeitsschwerpunkte sich in idealer Weise ergänzen: Das 2012 gegründete Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt am Main widmet sich der Erforschung der psychischen, neuronalen und soziokulturellen Grundlagen ästhetischer Empfindungen – insbesondere von Musik sowie Sprache und Literatur. Das Department of Psychology und das Center for Neural Science an der New York University sind weltweit führend in der Erforschung von Emotionen, Erinnerung und Entscheidungsfindung. "Gemeinsam wollen wir ästhetische Erlebnisse experimentell erforschen – aus der Perspektive der Psychologie und der Neurowissenschaften“, sagt David Poeppel, einer der Initiatoren des neuen Forschungszentrums. Der Direktor der Abteilung Neurowissenschaften am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik wird gemeinsam mit Catherine Hartley, Professorin für Psychology Cognition and Perception an der New York University, die Forschungsaktivitäten leiten.

Das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik erforscht, was wem warum und unter welchen Bedingungen ästhetisch gefällt und welche Funktionen ästhetische Praktiken und Präferenzen für Individuen und Gesellschaften haben. Es ist die zurzeit weltweit einzige außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die der interdisziplinären Grundlagenforschung zu ästhetischer Wahrnehmung und Bewertung gewidmet ist. Im Zusammenspiel von Geistes- und Naturwissenschaften greift das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik auf eine breite multidisziplinäre Kompetenz sowie eine Vielzahl von Methoden zurück.

Ob biophysikalische und neurochemische Mechanismen innerhalb einzelner Nervenzellen, funktionelle neuronale Schaltkreise, die aus einer kleinen Anzahl von Neuronen bestehen, das Verhalten großer Nervensysteme oder die Beziehung zwischen der Aktivität von Elementen des Nervensystems und dem Verhalten von Organismen: Das 1987 gegründete Center for Neural Science an der New York University vereint Forschungsdisziplinen, die die Funktion des Gehirns untersuchen. Die verschiedenen experimentellen Ansätze reichen von der Analyse molekularer und zellulärer Mechanismen in Nervenzellen über Gruppen von Nervenzellen bis hin zu Untersuchungen ganzer Organismen. Zu den theoretischen Werkzeugen gehören mathematische und rechnerische Modellierungsansätze, die sich in anderen Wissenschaftsbereichen bewährt haben.

Das Center for Language, Music and Emotion wird neben der Entwicklung neuer Technologien und Methoden den Wissensaustausch zwischen Forschern erleichtern und die Ausbildung von Wissenschaftlern fördern. Das neue Zentrum umfasst vier miteinander verbundene und interaktive Forschungsgruppen, von denen jeweils zwei am MPI in Frankfurt und zwei an der New York University in New York City angesiedelt sind. Die Max-Planck-Gesellschaft und die New York University fördern das auf fünf Jahre angelegte Center zu gleichen Teilen mit insgesamt zwei Millionen Euro. Ein Großteil des Budgets fließt in die Finanzierung gemeinsamer Projekte und die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern.