Die Bayerische Staatsoper hat am 3. Dezember 2020 den Abschlussbericht zum Pilotprojekt "Probeweiser Betrieb der Bayerischen Staatsoper mit erhöhter Zuschaueranzahl“ an den Bayerischen Ministerpräsidenten sowie die zuständigen Staatsministerien für Wissenschaft und Kunst sowie Gesundheit und Pflege übergeben. Der Bericht liefert umfangreiche Erkenntnisse rund um die Erhöhung der Zuschauerzahl von 200 auf 500 im Nationaltheater ab dem 1. September 2020 bis 25. Oktober 2020. Unter den gegebenen Bedingungen des Pilotprojekts (7-Tage-Inzidenz überwiegend zwischen 35 und 100 je 100.000 Einwohner) konnte keine erhöhte Infektionswahrscheinlichkeit für das Publikum festgestellt werden.

Die Pilotphase wurde von einem Ärzteteam des Klinikums rechts der Isar (MRI), der TUM und Vertretern des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) begleitet sowie fachlich bewertet. Ferner flossen wissenschaftliche Hinweise des Lehrstuhls für Gebäudetechnologie der TUM zum Bereich Lüftung mit ein.

Nikolaus Bachler und Prof. Ulrike Protzer zum Pilotprojekt

Unter dem Expertenteam ist auch Prof. Dr. Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie der TUM und verantwortlich für die virologische Diagnostik beim Klinikum rechts der Isar: "Grundsätzlich konnten wir während des Testlaufs kein erhöhtes Infektionsrisiko beim Besuch der Bayerischen Staatsoper feststellen. Die Ansteckungsgefahr für die Besucher wird bei Einhaltung der Maßnahmen auf ein Minimum reduziert. Ich denke, das Konzept lässt sich bei vergleichbaren Inzidenzwerten mit individuellen Anpassungen auf andere Theater und Konzertsäle übertragen.“

"Auch in der aktuellen Lage des zweiten Lockdowns sind die Erkenntnisse des Pilotprojekts wichtig – denn die gesamte Kulturbranche braucht Perspektiven, braucht politische Entscheidungen, die ein Weiterbestehen der Kulturnation Deutschland sichern“, so Intendant Nikolaus Bachler. "Wir brauchen klare Parameter, die uns ermöglichen – unabhängig von täglichen Meldungen der Infektionszahlen – zu arbeiten und zu spielen! Dass dies verantwortbar ist, zeigen die Ergebnisse des Pilotprojekts.“

Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Staatsregierung hat entschieden, dass zu den Vorstellungen der Bayerischen Staatsoper im Nationaltheater in München im September und Oktober 2020 probeweise jeweils bis zu 500 Personen zugelassen werden. Ziel des Pilotprojekts war eine differenzierte Risikobewertung von Kulturveranstaltungen aus infektiologischer, klimatechnischer und Publikumssicht. Hie-raus sollen Wege und Methoden aufgezeigt werden, die es Kulturveranstaltern ermöglichen, auf Basis technischer Rahmenbedingungen vor Ort mithilfe elaborierter Hygienekonzepte eine sinnvolle Höchstbesucherzahl zu erreichen, sodass die bisher gemäß Infektionsschutzmaß-nahmenverordnung festgelegte starre Höchstbesucherzahl von 200 Personen abgelöst wer-den kann.

Die Pilotphase wurde von einem Ärzteteam des Klinikums rechts der Isar (MRI) und der Tech-nischen Universität München (TUM) sowie Vertretern des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) begleitet und fachlich bewertet. Deren Expertise ist in die Kon-zepte sowohl für den Proben- und Aufführungsbetrieb als auch für die Abläufe im Zuschauer-bereich eingeflossen. Die im Pilotbetrieb zusätzlich erworbenen Erkenntnisse wurden laufend umgesetzt. Ferner flossen wissenschaftliche Hinweise des Lehrstuhls für Gebäudetechnologie der TUM zum Bereich Lüftung mit ein.
Die vorliegenden Ergebnisse des Pilotprojekts zeigen, dass sich die Erhöhung der Zuschau-erzahl weder negativ auf die Abläufe im Publikumsbereich und die objektive Infektionsgefahr ausgewirkt hat, noch auf die Zufriedenheit und das Sicherheitsempfinden der Zuschauer.

Um Wege für die Zukunft aufzuzeigen, wurde im September in Teilbereichen des Parketts der Mindestabstand von 1,5 m unterschritten und eine lockere Form der "Schachbrettbestuhlung“ getestet. Auch diese Fortentwicklung hat sich als vertretbar erwiesen, zumal die Zuschauer während der Vorstellung nicht einander zugewandt sind und der vollständige Luftaustausch im Nationaltheater alle 9,5 Minuten gewährleistet ist; zudem konnten spezifische Erkenntnisse zum Strömungsverhalten abgeleitet werden.

Die Abläufe im Bühnenbereich und insbesondere im Zuschauerbereich (Steuerung der Besu-cher zu ihren Plätzen, Abstandsdisziplin, Maskendisziplin) wurden von den Expertenteams in Augenschein genommen und als unkritisch wahrgenommen. Eine Besucherbefragung wäh-rend des Testlaufs zeigte, dass auch die Besucher ihren Schutz als weit mehr als ausreichend wahrnehmen und auch von Pausen und vom Gastronomiebetrieb bei Vorliegen eines durch-dachten Hygienekonzeptes kein erhöhtes Risiko ausgehen. Es konnten zudem keine Infektio-nen im Rahmen eines Besuchs der Bayerischen Staatsoper nachgewiesen werden.
 
Im Rahmen dieses Abschlussberichtes kann eindeutig ein positives Fazit des Pilotprojekts ge-zogen werden. Aus Sicht der Bayerischen Staatsoper und aufgrund der Äußerungen der be-teiligten medizinischen und technischen Experten kann bei Anwendung eines elaborierten in-dividuellen Hygienekonzeptes sowie unter den gegebenen Bedingungen des Pilotprojekts (7-Tage-Inzidenz überwiegend zwischen 35 und 100 je 100.000 Einwohner) keine erhöhte Infek-tionswahrscheinlichkeit für das Publikum festgestellt werden. Daher sollten aus Sicht der Ver-fasser nach Beendigung des seit 2. November geltenden Teillockdowns individuelle Besucher-obergrenzen festgelegt werden, die sich nach den vorliegenden Rahmendaten (insbesondere raumlufttechnischen Anlagen, Platzangebot vor Ort) richten.
 
Als Maßgabe könnten folgende Kriterien herangezogen werden:

  • Abstandsindikator: Max. Zuschauerzahl bei 1,5m Radialabstand (Stuhlmitte/Stuhlmitte)
     
  • Lüftungsindikator: Max. Zuschauerzahl bei Frischluftaustausch von 60m³ je Person und Stunde
     
  • Anwendung eines elaborierten individuellen Hygienekonzeptes

Der vollständige Abschlussbericht als PDF

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