Gemäß Robert-Koch-Institut spielen in der Übertragung des SARS-2-Coronavirus Tröpfchen wie auch Aerosole  – das sind feinste luftgetragene Flüssigkeitspartikel und Tröpfchenkerne, die längere Zeit in der Luft schweben können – eine Rolle. Doch wie groß ist die Gefahr einer Übertragung durch die Verbreitung und Verdünnung von Aerosolen wirklich, und zwar ganz konkret in der Kaiserslauterer Fruchthalle mit ihrer leistungsstarken Lüftungsanlage? Alle 20 Minuten wird das komplette Raumvolumen des beliebten Konzerthauses zu 100 Prozent durch Außenluft ersetzt. Reicht das, um das Infektionsrisiko zu minimieren, wenn die Besucher zudem Abstand halten und Maske tragen?

Um diese Risiken in Versammlungsstätten näher zu untersuchen, hatte das Fraunhofer HHI aus Goslar gemeinsam mit der Firma ParteQ, Kuppenheim, bereits im November eine Aerosol-Messung im Konzerthaus Dortmund durchgeführt mit dem Ergebnis, dass "mit Maske praktisch keine Infektion mit allen Nachbarplätzen möglich" sei. Da die Lüftungsanlagen in verschiedenen Versammlungsstätten unterschiedlich konstruiert sind, verhalten sich auch die Luftströmungen anders. Daher entschloss sich der Leiter des Referats Kultur Dr. Christoph Dammann, das Verhalten von Aerosolen auch für die Fruchthalle durch das Fraunhofer HHI und ParteQ untersuchen zu lassen. Das Kulturministerium sagte zu, sich wegen der Bedeutung für weitere Kultureinrichtungen zur Hälfte an den Gesamtkosten "im untersten vierstelligen Bereich" zu beteiligen.

Die Messungen wurden an drei Orten in der Fruchthalle durchgeführt, im Parkett Mitte sowie am Rand und auf der Galerie. Mit hochsensiblen Sensorgeräten wurde die Verteilung und Verdünnung der Aerosole, die von einem Dummy analog des menschlichen Atems ausgestoßen wurden, um diesen herum in verschiedenen Abständen gemessen. Das Ergebnis: Zwar können teilweise auch noch im Abstand von zehn Metern zum Dummy Aerosole gemessen werden, allerdings nur in ganz geringer Konzentration. Wenn alle Besucherinnen und Besucher Maske tragen, reiche es daher aus, zwei Nachbarplätze frei zu lassen sowie von Reihe zu Reihe so zu besetzen, dass jeweils die direkt vorgelagerten Plätze "schachbrettartig" frei bleiben. Dies bestätigten auch Prof. Dr. Michael Pietsch, Leiter der Hygieneabteilung am Uni-Klinikum Mainz, mit seinem Team sowie der Frankfurter Virologe und Epidemiologe Privatdozent Dr. Martin Stürmer, mit denen das Ergebnis abgestimmt wurde.

Diese Empfehlungen decken sich exakt mit dem im April 2020 in Kooperation mit verschiedenen Fachleuten entwickelte und bis Ende Oktober in der Praxis angewandte Sicherheitskonzept der Fruchthalle. Es sieht vor, das Publikum bereits bei Betreten der Fruchthalle vom geschulten Ordnungspersonal willkommen zu heißen und dann zum Platz zu begleiten. Dabei wird darauf geachtet, dass eine Hand-Desinfektion stattfindet, Masken getragen und die Abstände eingehalten werden. Im Zuschauerraum sind die in jeder Reihe immer nur jeweils zwei Plätze nebeneinander besetzt, und zwar von Reihe zu Reihe versetzt, so dass in alle Richtungen ausreichend Abstand zu den Sitznachbarn gewahrt ist – also  genau so, wie es auch die Testergebnisse als ausreichend ergaben.

"Durch die Untersuchungen sind wir zu der Einschätzung gekommen, dass bei einer Inzidenz unter 50 und bei einer Besetzung der Fruchthalle gemäß unserem Konzept eine Veranstaltung nicht zu einem sogenannten "Superspreader“-Ereignis werden kann“, freut sich Christoph Dammann. Das Infektionsrisiko werde, auch im Vergleich zu anderen öffentlichen Orten, als sehr gering eingeschätzt. " Die Sicherheit und das Vertrauen sowohl der Besucherinnen und Besucher ebenso wie das Vertrauen der politischen Entscheider in unser Hygienekonzept haben für uns höchste Priorität."

"Ich bin sehr froh, dass unser Fruchthallenteam so professionell vorgegangen ist, sich auch schon frühzeitig mit vielen Experten und dem Kulturministerium verständigt hat und so die Sicherheit unserer Gäste in der Fruchthalle gewährleistet", sagt Bürgermeisterin und Kulturdezernentin Beate Kimmel.

Dammann verweist noch auf eine aktuelle Studie des Hermann-Rietschel-Instituts an der TU Berlin, die berechnet hat, wie hoch das Infektionsrisiko über Aerosole in geschlossenen Räumen ist und unterschiedliche Räumlichkeiten miteinander verglichen hat. Das Spektrum der untersuchten Räume erstreckt sich dabei von Theatern und Museen mit Maske über Frisöre, Bus und Bahn, Supermärkte, Büros, Restaurants bis hin zu Schulen, wobei Theater und Museen an unterster Stelle des situationsbedingten Risikos stehen. Auch dies spreche aus seiner Sicht dafür, Theater und Konzertsäle nicht als letztes öffnen sollten wie nach dem ersten Lockdown.