Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg ist mit Plänen hervorgetreten, die Studienplätze an den fünf Musikhochschulen des Landes um ein Sechstel zu kürzen sowie das Ausbildungsangebot an den Hochschulstandorten Mannheim und Trossingen drastisch zu reduzieren.

Dazu Prof. Dr. Hermann Wilske, Präsident des Landesmusikrats Baden-Württemberg:
„Bundesweit nimmt das Musikland Baden-Württemberg eine absolute Sonderstellung ein. Hier gibt es mehr als ein Fünftel aller kommunalen Musikschulen Deutschlands, zahlreiche Musikakademien, nahezu 40 Gymnasien mit Musikprofil und beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ erringen alljährlich Teilnehmer aus Baden-Württemberg ca. ein Viertel aller ersten Preise. Auch die fünf Musikhochschulen stellen in diesem Zusammenhang keinen Luxus dar, sondern spiegeln exakt das intensive musikalische Leben im Land.

Zweifellos kann über einen Abbau von Studienplätzen diskutiert werden, sofern er die Qualität des musikalischen Lebens in Baden-Württemberg nicht beeinträchtigt. Die weitgehende Reduzierung Mannheims auf Popularmusik und die mögliche Herabstufung Trossingens zur Akademie stellen indes Maßnahmen dar, die nicht allein auf eine Verminderung der Studienplätze abzielen, sondern langfristig vermutlich eine nur notdürftig maskierte Schließung zweier Hochschulstandorte bedeuten.

Ein solcher Schnitt hätte im Fall des Standortes Trossingen den Verlust einer Hochschule zur Folge, welche als einzige in Deutschland seit Jahrzehnten mit unzähligen Konzert- und Opernaufführungen den Anspruch auf Hochkultur in der Fläche einlöst – vom Schwarzwald über Oberschwaben bis zum Bodensee. Zugleich gibt es in Baden-Württemberg immer noch gravierende Defizite in der schulischen Musikerziehung, für deren Aufarbeitung die beiden genannten Musikhochschulen unverzichtbar sind: 97% aller Schüler an Beruflichen Gymnasien erhalten keinen Musikunterricht. Ein Drittel aller Abiturienten in Baden-Württemberg erhält so die allgemeine Hochschulreife, ohne im Gymnasium musikalische Kompetenzen erworben zu haben. Und schließlich leisten beide Hochschulen in der Aus- und Weiterbildung von Kirchenmusikern, Dirigenten von Chor- und Musikvereinen der Laienmusik im Land einen wichtigen Beitrag, der nicht anderweitig kompensiert werden kann.

Der drohende Verlust der Standorte Trossingen und Mannheim, verbunden mit der beabsichtigten Schließung des SWR-Orchesters Freiburg, stellt einen dramatischen Kulturabbau dar, wie er in der Geschichte des Landes Baden-Württemberg ohne Gegenbeispiel ist. Zur Disposition steht nichts Geringeres als jene singuläre musikalische Vielfalt, welche das Leben der Menschen – und damit die kulturelle Identität dieses Bundeslandes – bis auf den heutigen Tag unverwechselbar prägt.“

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