Vom 14. bis 16. November feiert das Hindemith Institut Frankfurt im Rahmen der Hindemith Tage sein 40-jähriges Bestehen mit Konzerten und einer Sonderausstellung. Die Hindemith Tage finden jährlich rund um den Geburtstag des Komponisten am 16. November statt und werden von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main und dem Hindemith Institut Frankfurt gemeinsam veranstaltet.

Das Hindemith Institut Frankfurt ist das Zentrum der Hindemith-Forschung. Es wurde 1974 durch die Hindemith Stiftung errichtet. Diese wurde 1968 gegründet nach Maßgabe des Testamentes von Paul Hindemiths Witwe und Erbin Gertrud Hindemith vom 4. Dezember 1966: „Unser gesamtes Erbe soll zu einer Hindemith-Stiftung umgewandelt werden.“ Als fast ausschließlich privat finanziertes Forschungsinstitut ist das Hindemith Institut in hohem Maße unabhängig von öffentlichen Stellen. Eine enge Bindung besteht zum Land Hessen sowie zur Stadt Frankfurt: Sie stellen die Räumlichkeiten für das Institut sowie den Kuhhirtenturm zur Verfügung, Hindemiths ehemaligen originellen Frankfurter Wohnsitz, der 2011 von der Stadt aufwendig saniert und von der Hindemith Stiftung als „Hindemith Kabinett“ mit Ausstellungsräumen und einem kleinen Konzertsaal eingerichtet wurde.

Der große Schatz des Hindemith Instituts besteht in seinem umfangreichen Archivmaterial. Es gibt wenige so vielfältige und systematisch dokumentierte Nachlässe wie den von Paul Hindemith, der schon zu Lebzeiten sehr sorgfältig mit seinen Archivalien umgegangen ist. Der Nachlass zählt zu den wichtigsten Quellen zur Musik und Musikanschauung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, da Hindemith sich als Komponist, Instrumentalist, Dirigent, Pädagoge, Musiktheoretiker, Musikwissenschaftler und Organisator mit nahezu allen Bereichen des Musiklebens befasste. Sein Nachlass umfasst eine große Anzahl von autographen Notenmanuskripten und Skizzenbüchern, Textentwürfen, Taschenkalendern sowie Programmzetteln, privaten Fotoalben, Zeichnungen und anderen Dokumenten. Dazu gehören auch eigenhändig verfasste Werkverzeichnisse sowie umfangreiche Briefsammlungen, aber auch Kurioses wie eine vom Komponisten selbst angelegte Sammlung von Verschreibungen seines Nachnamens. In der Vergangenheit konnte die Hindemith Stiftung den Nachlass durch den Ankauf von etlichen Dokumenten anreichern, die sich in fremdem Besitz befanden. Das Hindemith Institut verfügt damit über einen in seiner Reichhaltigkeit und Vollständigkeit einzigartigen Archivbestand. Die Fülle der Materialien bietet einen differenzierten Einblick in das Leben und Wirken eines Künstlers, der in prominenter Weise an historischen Ereignissen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts teilhatte. – 1. Weltkrieg, künstlerischer Schwung der 1920er Jahre, Repressalien durch die Nazi-Diktatur, Exilerfahrungen, Katastrophe des 2. Weltkriegs, kultureller Aufbau der Bundesrepublik.

Das Institut ist Editionssitz der Hindemith-Gesamtausgabe, die in ihrer historisch-kritischen Auslegung impulsgebend für weitere Gesamtausgaben von Komponisten des 20. Jahrhunderts ist. Das Institut publiziert und betreut außerdem das Hindemith-Jahrbuch, das sich seit 1971 als renommierter Publikationsort für wissenschaftliche Beiträge zu Leben und Werk Hindemiths etabliert hat. In der vom Institut herausgegebenen Schriftenreihe „Frankfurter Studien“ sind u.a. Berichte von musikwissenschaftlichen Symposien veröffentlicht, die das Hindemith Institut in Zusammenarbeit mit Institutionen wie der Universität der Künste Berlin, den Musikhochschulen in Frankfurt und Köln, der Universität Würzburg oder dem Institut Français de Francfort veranstaltet hat. Mit seinem Newsletter „Hindemith Forum“ informiert das Institut außerdem regelmäßig über Aktuelles zu Hindemith.

CD-Produzenten, Veranstalter und Theaterintendanzen setzen sich mit dem Institut in Verbindung, wenn sie fundierte Informationen oder Materialien zu Hindemith benötigen. Das Institut wird auch gerne von Musikern konsultiert, die sich auf Konzerte oder CD-Einspielungen vorbereiten. Viele der Künstler kommen regelmäßig zu Studien in das Hindemith Institut, da sie dessen musikwissenschaftlichen Reichtum und das Wissen und die Professionalität der Mitarbeiter schätzen. Dazu gehören Paavo Järvi, Hebert Blomstedt, Tanja Becker-Bender, Tabea Zimmermann, Antoine Tamestit und das Zehetmair Quartett: „Seit vielen Jahren besuchen wir das Hindemith Institut Frankfurt und freuen uns jedes Mal aufs Neue über die herzliche, großzügige Atmosphäre, mit der wir Musiker dort empfangen werden. Wir dürfen Einblick in diese mit wertvollen Dokumenten angefüllte Schatzkiste nehmen und werden verwöhnt mit Informationen, Geschichten und Anekdoten. Für all dies bedanken wir uns und gratulieren dem Institut herzlich zu seinem 40. Geburtstag!“ überbringen Ruth Killius und Thomas Zehetmair vom Zehetmair Quartett ihre Glückwünsche zum Jubiläum. Diese und weitere Musikerstimmen werden unter anderem in der Sonderausstellung „40 Jahre Hindemith Institut: Archivschätze“ gezeigt, die vom 14. bis 16. November im Kleinen Saal der HfMDK zu sehen ist, im Anhang finden Sie einige ausgewählte Zitate.

Die Jubiläumsfeierlichkeiten beginnen am 13. November mit einem Auftakt-Konzert im Schott Verlag in Mainz.

Anlässlich der Ausstellungseröffnung am 14. November hält Frau Prof. Dr. Susanne Popp, die Geschäftsführerin des Max-Reger-Instituts, einen Festvortrag über „Vom Elfenbein- zum Kuhhirtenturm. Komponisteninstitute heute“. Die Ausstellungseröffnung wird musikalisch begleitet von Studierenden der Musikhochschule.

Am 16. November, 19:30 Uhr, findet im Großen Saal der Musikhochschule ein Festkonzert mit Werken Hindemiths statt, gestaltet von Studierenden der Musikhochschule unter der Leitung von Gerhard Müller-Hornbach. Auf dem Programm stehen neben den Liederzyklen „Des Todes Tod“ und „Die junge Magd“ zwei große Ensemblewerke, die Hindemiths Ruf als „Bad Boy“ der Musik der 1920er Jahre begründeten: Die „Kammermusik Nr. 1“ op. 24 Nr. 1 (mit dem legendären Sirenensignal am Ende des Schlusssatzes) und die „Kammermusik Nr. 4“ op. 36 Nr. 3, das sogenannte Violinkonzert – kompositorisch ambitionierte Werke von sprühender Vitalität und schelmischem Esprit.

Am Vormittag des 16. November findet im Rahmen der Konzertreihe „Kammermusik im Kuhhirtenturm" ein Konzert mit Megumi Kasakawa (Viola) und weiteren Mitgliedern des Ensemble Modern statt. In dem „kleinsten Konzertsaal der Welt“, so Frankfurts Kulturdezernent, Prof. Dr. Felix Semmelroth, werden Werke von Quincy Porter, Haruyuki Suzuki und Paul Hindemith zu hören sein.

Bereits an diesem Samstag, 11. Oktober wird im Kuhhirtenturm die neue Wechselausstellung „Ludwig Rottenberg (1864-1932): Ein Leben für die Frankfurter Oper“ eröffnet. 2014 setzt diese sich mit dem 150. Geburtstag von Ludwig Rottenberg auseinander, der Schwiegervater von Paul Hindemith und 33 Jahre lang 1. Kapellmeister am Frankfurter Opernhaus war. Unter seiner Leitung wurden zahlreiche zeitgenössische Opern uraufgeführt, darunter „Der ferne Klang“, „Die Gezeichneten“ und „Der Schatzgräber“ von Franz Schreker sowie Hindemiths „Sancta Susanna“, eines der größten Skandalstücke der Musikgeschichte.