Die LiveKomm, der Bundesverband der Musikspielstätten, hat am 27. März im Jugendkulturhaus CAIRO die diesjährige Frühjahrstagung durchgeführt. Der Verband beschäftigte sich zum einen mit dem politischen Standing von Clubs und Festivals, präsentierte zum anderen auch eigene Forderungen an die Parteien zur Bundestagswahl 2017.

Die Wahlprüfsteine sind in die Bereiche "Kulturraumschutz“, "Abgaben“, "Spielstätten- und Netzwerkförderung“ sowie "Gesundheit und Prävention“ gegliedert. So fordert der Bundesverband beispielsweise die Einrichtung einer eigenen Gebietskategorie "Kulturgebiet“ in der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Kernpunkt dieser Forderung ist, dass dort die Nachtruhe nicht zwingend um 22 Uhr, sondern erst deutlich später gilt. Zudem sollte dort nachts ein Immissionsrichtwert von 70 dB(A) gelten.
 
Hinsichtlich der zunehmenden Abgabenlast für Musikspielstätten fordert der Bundesverband Unterstützung seitens der Bundespolitik sofern möglich, und zwar zur Forderungen an die GEMA, bzgl. der Künstlersozialversicherungsabgabe, zur Forderung an die Kommunen zur Abschaffung der Vergnügungssteuer bei Kulturbetrieben, bis hin zu arbeitsrechtlichen Anpassungen.

Im Bereich der "Spielstätten- und Netzwerkförderung“ fordert die LiveKomm einen Ausbau der Förderung für Musikspielstätten und deren Netzwerken. Diese sollte ähnlich der Filmförderung auf Bundesebene realisiert werden. Für die Musikspielstätten in Deutschland sieht der Verband jährlich 30 Millionen Euro Bundesmittel für Förderprogramme und Auszeichnungen als gerechtfertigte Investitionssumme an.
 
In einer Forderung des Bereichs "Gesundheit und Prävention“ bietet sich die LiveKomm als Vermittler an und schlägt u.a. vor, das vielfach erprobte und anwendungsfertige Schulungsprogramm BEST des Bundesministeriums für Gesundheit und der LiveKomm, fortzuführen.
(Die Wahlprüfsteine sind diese Pressemeldung beigefügt).
 
Olaf Möller, politischer Sprecher der LiveKomm: "Die von uns präsentierten Forderungen wurden bereits Mitte Februar den im Bundestag vertretenen Parteien zugesandt. Diese haben nun bis Mai Zeit die Fragen zu beantworten und Stellung zu beziehen. Als Interessenvertretung von mehr als 400 Kulturakteuren ist diese Aktion der Wahlprüfsteine ein notwendiger und nur logischer Schritt“, so Möller. "Die einzelnen Bereiche wurden von den jeweiligen Arbeitsgruppen intern erarbeitet und stoßen auch bei branchennahe Verbänden bereits jetzt auf Interesse und Unterstützung.“

Geplant ist die aufbereiteten Ergebnisse in Form eines Flyers zu veröffentlichen und in den Mitgliedsclubs- und Festivals auszulegen. Die Ergebnisse werden auch auf www.livekomm.org veröffentlicht.

Tagung zu "Musik & Haltung"

Bis zum Mittag hatten die Mitglieder und Netzwerke bei der Tagung in Würzburg die Gelegenheit sich zu diesen Forderungen auszutauschen. So wurde beispielsweise auch das, mit der ISDV e.V., der Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft, erarbeitete Positionspapier "Scheinselbständigkeit in der Kreativwirtschaft“ präsentiert, welches in einem Forderungspunkt auch in die Wahlprüfsteine eingeflossen ist.
 
Der zweite Teil der Frühjahrstagung startet nach dem Mittag unter der Überschrift "Musik & Haltung“. Mit Referaten zum Thema "Grauzonenbands“ informierte Thorsten Hindrichs (Universität Mainz) und Michael Weiss (Agentur für soziale Perspektiven e.V.) die Teilnehmer über die Entwicklung von rechte Lebenswelten innerhalb der Popmusik sowie über die besorgniserregenden Entwicklungen im Deutschrock- und Popbereich.
 
Im direkten Anschluss erfolgte die Präsentation der von der LiveKomm begleiteten Umfrage zum Thema "Gleichstellung im Veranstaltungsbetrieb“. Die Ergebnisse unterstrichen die angenommene These, dass Frauen im Clubbereich noch seltener vertreten und auch, dass deren Wirkungsfelder eher im administrativen Bereich vorhanden sind. In der anschließenden Diskussion sollten die Fragen geklärt werden, weshalb es in der Branche noch immer einen so starken "Gendergap“ gibt und wie diesem politisch, aber auch auf Verbands- und Betreiberinnenebene entgegengewirkt werden kann.
 
Abschließend waren die die Teilnehmer in der Gesprächsrunde "Stressfrei Feiern – Wie schütze ich mein Publikum?“ dazu aufgerufen, mögliche Lösungsansätze zu diskutieren und weitere Handlungsempfehlungen im Umgang mit sexuellen Übergriffen im Club und auf Festivals zu entwickeln. Hierfür wurden Vertreterinnen und Vertreter von Clubs und Festivals eingeladen, u. a. vom Kassablanca Jena, dem Conne Island aus Leipzig oder dem Brückenfestival in Nürnberg, die in diesem Bereich mit neuen Ansätzen oder mit Initiativen wie Awareness Gruppen arbeiten.
 
"Pop- und Clubkultur hat schon immer einen gesellschaftspolitischen und sozialen Anspruch. Unsere Mitglieder betreiben die dafür wichtigen Orte, in denen Menschen die durch Kultur vermittelten Werte erfahren und in denen der Zusammenhalt und Zugehörigkeiten unabhängig von Alters- und Generationsgrenzen gestärkt und gefördert wird“, so Magnus Hecht, stellvertretener Vorsitzender der LiveKomm. "Die von uns behandelten Themen bei dieser Frühjahrstagung sind die an uns herangetragene Wünsche unserer Mitglieder. Als Verband und Interessensvertretung ist es daher notwendig darauf einzugehen und eine gemeinsame Position zu beziehen. Die besorgniserregenden politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland und Europa, wie der zunehmende Rechtsruck und die soziale Verwahrlosung dürfen wir so als Kulturakteure nicht einfach hinnehmen“.
 
Insgesamt nahmen mehr als 60 Vertreterinnen und Vertreter der Club- und Festivalkultur an der Tagung teil.

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