Vor vier Jahren wurde die sogenannte "Machbarkeitsstudie für Gesamtsanierung der Städtischen Bühnen Frankfurt“ vom Kulturdezernat beauftragt. Grundlage ist ein Magistratsbeschluss vom 6. September 2013. Die Projektleitung der Studie oblag dem städtischen Hochbauamt in enger Abstimmung mit den Städtischen Bühnen. Sie legten die Parameter fest, nach denen der Bestand und die verschiedenen Lösungen eingehend geprüft wurden. Die Aufnahme und Bewertung des Bestandes der Städtischen Bühnen Frankfurt durch die beauftragten Planer führte zu einer Liste von Mängeln baulicher, technischer, sicherheitstechnischer, funktionaler und gestalterischer Art. Sie sind auf das Alter des 1963 errichteten Gebäudes und seine lange und bewegte Entwicklungsgeschichte zurückzuführen.

Diese Machbarkeitsstudie ist nun fertiggestellt. Das beauftragte Architekturbüro PFP PLANUNGS GMBH aus Hamburg hat den Inhalt und die Ergebnisse der Studie bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 6. Juni, vorgestellt. Die Untersuchung beinhaltet sowohl Ergebnisse zum aktuellen Zustand des Gebäudes, eine Nutzerbedarfsanalyse sowie drei kalkulierte Varianten zur Neugestaltung und Sanierung des Theatergebäudes am Willy-Brandt-Platz. Variante eins sieht eine Sanierung im Bestand vor, Variante zwei berechnet die Sanierung bei einer Teilauslagerung des Betriebes, und Variante drei behandelt den kompletten Abriss und Neubau des Gebäudes.

"Bisher war die Zeit der Fachleute und Planer. Jetzt beginnt die Zeit der politischen Willensbildung, und das heißt zunächst einmal, dass die Kosten der einzelnen Modelle durchaus hinterfragt werden können und hinterfragt werden müssen. Meine grundsätzliche Haltung zum Standort ist bekannt und wird sich durch die heute vorgestellte Studie auch nicht ändern. Die Theaterdoppelanlage, das künstlerische und kulturelle Herz Frankfurts, gehört in die Mitte unserer Stadt“, sagt Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig.

"Die heute vorgestellten Zahlen verdeutlichen, vor welch großer Planungs- und Bauaufgabe wir stehen. Daher muss mit größter Sorgfalt abgewogen werden, wie vorgegangen werden soll. Das bezieht sich sowohl auf das "Was" - also das Raumprogramm - als auch auf das "Wie" - das heißt die Entscheidung für eine Variante und den Standort. Bevor eine so kostenintensive Entscheidung getroffen wird, sollten zunächst alle denkbaren Varianten belastbar geprüft werden. Erst dann kann meines Erachtens abschließend über das weitere Vorgehen entschieden werden“, sagt Jan Schneider, Dezernent für Bau und Immobilien, Reformprojekte, Bürgerservice und IT.

Variante eins:
Die erste Variante der Studie, die von den Städtischen Bühnen zunächst bevorzugt wurde, prüft und berechnet eine Sanierung von Schauspiel und Oper bei laufendem Betrieb mit einer Bauzeit von elf Jahren. Der Mehrbedarf, den die zugehörige Nutzerbedarfsanalyse ermittelt hat, etwa für Probebühnen, benötigte Büro- und Lagerräume sowie Proberäume für die Musiker, würde sich in einem Hochhaus ausdrücken. Derzeit sind diese Räume zum Teil angemietet, verteilen sich über die ganze Stadt und verursachen erhebliche Kosten. Aber auch die gesetzlich notwendige technische Anpassung (Brandschutz, Arbeitssicherheit) erfordert einen erheblichen Volumenzuwachs. Im Turm-Neubau, der in den ersten Schritten anstelle des jetzigen Opernmagazins entstünde, würde für das Schauspiel eine Ersatzspielstätte eingerichtet. Das vakante Schauspielhaus stünde damit dem Opernbetrieb zur Zwischennutzung zur Verfügung. Dadurch könnte das Opernhaus komplett saniert werden. Nach Abschluss dieser Arbeiten könnte der Spielbetrieb der Oper in den angestammten Räumlichkeiten wieder aufgenommen und das Schauspielhaus vollständig saniert bzw. erneuert werden. Dazu gehört auch der Bau der Werkraumbühne als Erweiterung der bisherigen Kammerspiele. Zuletzt würde das Schauspiel aus der Turm-Interimsspielstätte wieder zurückziehen.

Variante zwei:
Die zweite Variante sieht ein gleiches Ergebnis vor, jedoch mit einer Extension des Hochhauses im hinteren Bereich des bestehenden Hauses. Bei dieser Variante wird eine Bauzeit von acht Jahren zugrunde gelegt, weil nur eine Bühne während der Umbauten weiter bespielt würde. Im ersten Schritt würde der Schauspielbetrieb an einen externen Standort verlegt, und die Oper zöge in den Schauspielbereich. Im Unterschied zur ersten Variante könnte nunmehr der Opernbereich komplett saniert und gleichzeitig der Turm anstelle des Opernmagazins gebaut werden. Nach dem Wiedereinzug der Oper würde das Schauspiel saniert und die Werkraumbühne als Erweiterung der jetzigen Kammerspiele gebaut. Danach würde das Schauspiel wieder an seinen ursprünglichen Ort zurückkehren.

Variante drei:
Die dritte Variante, basierend auf belastbaren Vergleichswerten anderer Städte, berechnet einen Komplettabriss und anschließenden Neubau auf dem 1,3 Hektar großen jetzigen Standort. Als Bauzeit liegen dieser Variante sechs Jahre zugrunde. Sowohl für das Schauspiel als auch für die Oper müssten externe Interimslösungen gefunden werden. Ausgehend von den ermittelten Gebäudedaten, also Nutzfläche und Bruttogeschossfläche, der ersten und zweiten Variante, wird eine Kubatur im Rahmen des Grundstückzuschnitts gebildet, wobei auch Innenhöfe zur Belichtung der Nutzflächen berücksichtigt werden. Aus dieser Grundlage lassen sich Kennwerte für Vergleichskosten ableiten.

Bei der vorgelegten Machbarkeitsstudie handelt es sich um eine Untersuchung der baulichen Durchführbarkeit der beschriebenen Varianten inklusive einer Kostenaufstellung. Sie ersetzt weder einen Architektenwettbewerb noch die genaue Planung eines tatsächlich durchzuführenden Bau- oder Sanierungsprojekts. Damit dient das Ergebnis der Studie als Diskussions- und Beschlussgrundlage für die verschiedenen städtischen Gremien.

Die Kostenrechnung, basierend auf einem Baubeginn 2021, setzt sich wie folgt zusammen: Bei Variante eins betragen die reinen Baukosten 528 Millionen Euro. Bei Variante zwei liegen sie bei rund 506 Millionen und bei der dritten Variante bei rund 610 Millionen Euro. Bei allen drei Varianten kommen außerdem Kosten für den Abriss und Neubau, ein kalkulierter Risikozuschlag zwischen 10 und 30 Prozent sowie allgemeine Preissteigerungen hinzu, wie es bei Bauprojekten dieser Größenordnung üblich ist. Außerdem müssen die Kosten für die entsprechenden Interimslösungen hinzugefügt werden. Dies ergibt bei Variante eins eine Gesamtsumme von rund 868 Millionen Euro, bei der zweiten Variante rund 848 Millionen Euro und bei der dritten Variante Gesamtkosten in Höhe von rund 888 Millionen Euro. (Eine detaillierte Übersicht der Kosten ist in dem Exzerpt der Machbarkeitsstudie der Städtischen Bühnen auf Seite 87 tabellarisch dargestellt (die Studie ist zu finden unter http://kultur-frankfurt.de/portal/de/Presse/MachbarkeitsstudieStaedtischeBuehnen/2581/0/0/0/161.aspx)

"Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie müssen jetzt erst einmal kritisch gegengeprüft werden. Ebenso muss geprüft werden, wo es Einsparpotentiale gibt. Eines aber ist gewiss: Der alarmierende Zustand des 1963 eingeweihten Hauses erzwingt baldiges Handeln. Andernfalls wäre die Gefahr einer kompletten Schließung nicht mehr auszuschließen. Eine der wichtigsten Entscheidungen der Stadtpolitik für die nächsten zehn Jahre steht also bevor. Es geht um nicht weniger als darum, das künstlerische Herzstück unserer wachsenden Stadt, die Theaterdoppelanlage, für das 21. Jahrhundert neu zu definieren. Dafür braucht es Zeit und Sorgfalt“, so die Kulturdezernentin abschließend.

Auf dem Podium der Pressekonferenz saßen Prof. Jörg Friedrich, PFP HH Geschäftsführer, Detlef Junkers, PFP HH Büroleiter, Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig, Baudezernent Jan Schneider, Opernintendant Bernd Loebe, der designierte Schauspielintendant Anselm Weber, Anita Wilde, Verwaltungsdirektorin Städtische Bühnen Frankfurt, und Olaf Winter, Technischer Direktor von Oper und Schauspiel.

Ein Film-Mitschnitt der kompletten Präsentation kann unter http://kultur-frankfurt.de/portal/de/Presse/MachbarkeitsstudieStaedtischeBuehnen/2581/0/0/0/161.aspx angesehen werden. Außerdem ist unter diesem Link im Anschluss an die Pressekonferenz ein Exzerpt zu finden, welches die über 800-seitige Studie auf rund 113 Seiten zusammenfasst. Informationsveranstaltungen für die Bürger sind geplant.