Jetzt ist es amtlich: Die Fußballhymne "You’ll never walk alone“ zieht in protestantische Kirchen ein. Eine Erweiterung des traditionellen Evangelischen Gesangbuchs der hessen-nassauischen Kirche ist am 10. September offiziell eingeführt worden. Neben dem bekannten Stadiongesang, der nicht auf Anraten von Sportfans, sondern auf ausdrücklichen Wunsch von Seelsorgerinnen und Seelsorgern aus der Praxis in das neue Liederbuch aufgenommen wurde, gehören jetzt auch Stücke von Eric Clapton oder Rod Steward zum protestantischen Liedschatz. Ihre Klassiker "Tears in heaven“ oder "Sailing“ sind nur zwei von insgesamt 164 neuen Liedern, die das Beiheft mit dem Namen "EGplus“ enthält. Es wurde gemeinsam mit der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck von einem 21-köpfigen Team entwickelt. Es suchte aus über 600 Vorschlägen die Stücke aus, die jetzt Eingang in das rund 300 Seiten starke lila Ergänzungsheft fanden.

Neue Lieder gefragt

Pünktlich zum 500. Reformationsjubiläum will das "EGplus“ das traditionelle Evangelische Gesangbuch mit Stücken erweitern, die sich nach 1995 in vielen Kirchengemeinden bereits unter der Hand bewährt haben. Auch dem Mangel an modernem Liedgut beispielsweise für Trauerfeiern oder Trauungen will der Ergänzungsband abhelfen. So findet sich nun Eric Clapton mit "Tears in heaven“ (Tränen im Himmel) unter der Rubrik "Sterben, Ewiges Leben, Bestattung“. Ziel war es auch, eine stilistisch vielfältige Liedauswahl zu treffen und unterschiedliche Frömmigkeitstraditionen mit ihren jeweiligen Ausprägungen musikalisch abzubilden. Zu den neu aufgenommenen Liedern gehören deshalb neben Popsongs auch Lobpreislieder, Gospels und Stücke aus aller Welt, wie etwa "Amazing Grace“, nach dem Kirchgänger bisher vergeblich im traditionellen Gesangbuch fahndeten. Die Nachfrage nach neuen Tönen in der Kirche ist hoch. Noch vor der offiziellen Einführung des Beiheftes waren bereits rund 30.000 Exemplare allein aus dem hessen-nassauischen Kirchengebiet vorbestellt.

Mit Musik Herzen erreichen

Gleich in sechs großen musikalischen Gottesdiensten wurde das neue Liederheft am 10. September in Hessen-Nassaus Kirchengebiet eingeführt, darunter in Frankfurt am Main mit Kirchenpräsident Volker Jung. Er erhofft sich von der Gesangbuch-Erweiterung einen "neuen Anreiz“, wieder mehr zu singen. Der Kirchenpräsident sieht im 500. Jahr der Reformation dabei eine besondere Chance. Von Anfang an waren nach Jungs Worten der Gemeindegesang, Musik und Lieder "ausgesprochen wichtig dafür, dass aus Martin Luthers Thesenanschlag eine Reformation wurde“. Gerade auch durch Klänge sei das Evangelium neu verkündigt und verbreitet worden. Jung: "Es hat so auf eine ganz besondere Weise nicht nur die Köpfe, sondern auch die Herzen der Menschen erreicht.“

Hintergrund Gesangbuch-Beiheft "EGplus“

Seit 1994 nutzen die Gemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) die gegenwärtige Standardauflage des Evangelischen Gesangbuchs (EG) für ihre Gottesdienste. Mit der benachbarten Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) besteht eine Gesangbuchgemeinschaft. Im Laufe der Zeit wurde den Verantwortlichen beider Landeskirchen deutlich, dass die Liedauswahl aus heutiger Sicht zu ergänzen ist. Zum Beispiel fehlen neuere Lieder zu Taufen, Trauungen, Beerdigungen, zur Einschulung oder zu Passion und Ostern. Außerdem ist der Wunsch nach neuen, einfachen Singformen gewachsen. Das neue Beiheft "EGplus“ soll nun das Liedangebot des EG mit Liedern ergänzen, die sich nach 1994 verbreitet haben. Ebenso sind prämierte Lieder aus Liederwettbewerben aufgenommen worden. Ziel des Beihefts ist es zudem "generationenübergreifendes Singen“ zu fördern. Deshalb enthält das Liederbuch besonders auch Lieder, die für das gemeinsame Singen mit Kindern geeignet sind. Einfache Singformen wie liturgische Sprüche, Call-and-Response-Songs oder Refrainlieder sollen den Gesang in Gottesdiensten unterstützen und zur musikalischen Vielfalt im Gemeindeleben beitragen. Eine 21-köpfige Arbeitsgruppe aus der EKHN und der EKKW hat die Lieder im neuen "EGplus“ zusammengestellt. Das Gremium arbeitete wiederum mit verschiedenen Gruppen von Fachleuten zusammen, deren Voten die letztendliche Liederliste nachhaltig beeinflussten. 

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