"Eigen-Arten“ lautet 2018 der Leitgedanke des "Heidelberger Frühling“. In der 22. Saison des internationalen Musikfestivals stehen vom 17. März bis zum 21. April weit über 100 Veranstaltungen auf dem heute (20. Oktober) veröffentlichten Programm. Der Leitgedanke setzt die 2017 mit "In der Fremde“ begonnene Trilogie zu Kernmotiven der Aufklärung fort und beschäftigt sich mit dem kollektiven Selbstverständnis des sogenannten "Westens“, das maßgeblich auf Werten der Aufklärung wie beispielsweise Freiheit basiert. "Artist in Residence“ ist der Cellist Jean-Guihen Queyras, der mit insgesamt fünf Programmen zu hören ist, unter anderem als Solist mit dem Mahler Chamber Orchestra in Haydns Cellokonzert Nr. 2 zur Festivaleröffnung sowie in der Produktion "Mitten im Leben wir sind“ mit Choreographien von Anne Teresa De Keersmaeker zu Bachs sechs Cellosuiten.

Die Binnenfestivals des "Heidelberger Frühling“ – das Kammermusikfest "Standpunkte“ (22.-25.03.) und das Wochenende "Neuland.Lied“ (12.-15.04.) – thematisieren den Leitgedanken "Eigen-Arten“ komplementär. Die "Standpunkte“ des Pianisten Igor Levit widmen sich den USA als dem Land, dessen aufklärerische Ideale, von Frankreich und England ausgehend, durch die Erklärung der Menschenrechte und die Verfassung wirkmächtig wurden, bevor sie durch die Französische Revolution den europäischen Kontinent zu prägen begannen. Der emphatische Begriff der Freiheit, für den die USA stehen, ist nicht zuletzt für die Musik fruchtbar geworden, weil kaum ein Komponist jenseits des Großen Teichs sich Dogmen unterordnete. Hörbar wird dies bei den "Standpunkten“ in Werken von Charles Ives, Marc Copland, Samuel Barber, David Bruce, Frederic Rzewski (europäische Erstaufführung von "Demons“), Morton Feldman, John Cage und Philip Glass. Zugleich erinnert ein Ragtime-Konzert von Igor Levit mit Musik schwarzer Komponisten wie Scott Joplin daran, dass die Vereinigten Staaten keineswegs immer ein Hort der Freiheit für alle Bevölkerungsgruppen waren und sind. Als weitere Facette widmet sich ein Wandelkonzert den Exilkomponisten Ernst Krenek, Paul Hindemith und Hanns Eisler. Zur Eröffnung erklingt außerdem Arnold Schönbergs "Ode to Napoleon Buonaparte“. Die Eröffnungsrede der "Standpunkte“ hält der scheidende Bundestagspräsident Nobert Lammert, darüber hinaus gibt es zwei Vorträge und eine Podiumsdiskussion zum Thema. Als Künstler wirken neben Igor Levit unter anderem der Geiger Benjamin Beilman, der Klarinettist Julian Bliss, das JACK Quartet, der Bariton Georg Nigl, die Geigerin Isabelle Faust und der Cellist Jean-Guihen Queyras mit, der hier erstmals gemeinsam mit dem Pianisten Marc-André Hamelin auftreten wird.

Das Finale der "Standpunkte“ beschließt eine Reihe von sechs Auftritten, die Marc-André Hamelin vom 21. bis zum 25. März 2018 beim "Heidelberger Frühling“ hat. Unter anderem gibt er zwei "Late Night“-Konzerte, in denen einmal Karlheinz Stockhausens Klavierstück IX an der Seite von Franz Schuberts Klaviersonate Nr. 21 B-Dur D 960 erklingt, das andere Mal Morton Feldmans neunzigminütiges "Piano and String Quartet“ (gemeinsam mit dem JACK Quartet).

Komplementär zum politischen Ansatz der "Standpunkte“ greift das experimentierfreudige Themenwochenende "Neuland.Lied“ die subjektiveren, privateren, weniger dem Verstand als dem Gefühl zugehörigen "Eigen-Arten“ auf. "Was macht uns aus?“, lautet hier die Frage. Eine Antwort darauf gibt Robert Schumann: unsere Widersprüchlichkeit, unsere Heimatlosigkeit, unsere Sehnsüchte, Hoffnungen und Ängste – Eigenarten, die allen Menschen eigen sind, so kulturell unterschiedlich sie auch geprägt sein mögen. Deshalb sind die Liederzyklen des Jahres 1840 universale Meisterwerke. Fünf große Schumann-Zyklen dieses Liederjahres (sowie das Spätwerk "Fünf Gedichte der Königin Maria Stuart“) werden bei "Neuland.Lied“ in die unterschiedlichsten Zusammenhänge gestellt, mit Improvisation, Alter und Neuer Musik gekoppelt. Auch unkonventionelle Inszenierungen – beispielsweise als imaginäres Hauskonzert oder als literarisch-musikalische Begegnung mehrerer Liebesgeschichten aus Vergangenheit und Gegenwart – ermöglichen neue Perspektiven auf die Gattung. Zu hören sind unter anderem die Tenöre Mark Padmore und Ilker Arcayürek, die Mezzosopranistinnen Anna Stéphany und Tara Erraught und die Sopranistinnen Anna Lucia Richter und Sarah Maria Sun. Eine international besetzte Lied Conference wird zudem das Fachpublikum nach Heidelberg bringen.

Kreativer Freiraum und bereichsübergreifender Austausch sind auch 2018 die Kerncharakteristika der Heidelberg Festival Akademie. Das 2017 begonnene Zukunftslabor mit dem Titel "Villa Abegg“ konkretisiert seine Ideen und arbeitet eines der Projekte bis zur Aufführungsreife 2019 aus. Darüber hinaus werden die vier Festival Akademien – Lied, Kammermusik, Komposition, Musikjournalismus – fortgesetzt. Die Akademien Lied und Kammermusik laden zu öffentlichen Meisterkursen, Workshops und Mittagskonzerten ein und Instrumentalisten wirken beim Kammermusikfest "Standpunkte“ mit. Im Bereich Komposition sind die US-Amerikanerin Anna-Louise Walton und der Brite Oliver Christophe Leith eingeladen, am 28. März in einem ehemaligen Hallenbad bei einem nachmittäglichen Werkstattgespräch ihre vom "Heidelberger Frühling“ in Auftrag gegebenen Werke vorzustellen, bevor sie spätabends bei der "Nacht der Neuen Musik“ uraufgeführt werden. Leiter der Festival Akademien sind erneut Thomas Hampson (Lied), Igor Levit (Kammermusik) und Eleonore Büning (Musikjournalismus), denen als Mentoren unter anderem der Cellist Johannes Moser, der Klavierbegleiter Graham Johnson und der Regisseur Willy Decker zur Seite stehen.

Die sechste Ausgabe der Heidelberg Music Conference am 15. und 16. März behandelt die Frage, wie sich disruptive Umweltveränderungen auf die verschiedenen Sektoren der Kulturbranche ausgewirkt haben, ob die punktuell eingeleiteten Veränderungen der richtige Weg sind bzw. welche Veränderungen bisher immer noch verschlafen oder verdrängt werden. Dabei wird der Blick auf andere Branchen eine verstärkte Rolle spielen. Um besser zu verstehen, wie divers die Kulturbranche an sich ist, wird die Music Conference auch aktuelle Untersuchungen einbeziehen, unter anderem aus der Publikums- und Verhaltensforschung. Als Kooperationspartner begleitet Deutschlandradio Kultur die Heidelberg Music Conference.

Zeitgleich mit dem Programm des "Heidelberger Frühling“ ist auch das Programm für das Heidelberger Streichquartettfest erschienen, bei dem vom 25. bis zum 28. Januar 2018 insgesamt 16 Konzerte, Workshops und Gesprächskonzerte auf dem Programm stehen. Im Zentrum steht der Tscheche Miroslav Srnka (Komponist der gefeierten Oper "South Pole“), der auch einen der Workshops abhalten wird. Es erklingen sein Streichquartett "Engrams“ sowie als deutsche Erstaufführung sein neues Streichquartett, das der "Heidelberger Frühling“ gemeinsam mit Pro Quartet in Paris, der Philharmonie de Paris und dem BOZAR Brüssel in Auftrag gegeben hat (UA am 15.01. in Paris). Als Ko-Kurator durfte Srnka zudem Werke aufs Programm setzten, die für ihn besondere Bedeutung haben, unter anderem von Maurice Ravel und Claude Debussy, Leoš Janáček, Philip Glass, György Ligeti und Antonín Dvořák. Wie es schöne Tradition beim Streichquartettfest ist, steht sowohl die Begegnung zwischen Künstlern und Publikum als auch zwischen den Ensembles im Zentrum. Zu Gast sind das deutsche Asasello Quartett, das britische Castilian String Quartet, das französische Quatuor Diotima, das tschechische Zemlinsky Quartett sowie erstmals Brooklyn Rider aus den USA. Die Workshops leiten der Cellist Valentin Erben (ehem. Alban Berg Quartett) und der Geiger Oliver Wille (Kuss Quartett). Eine neue Heimat in Heidelberg findet der Quartettwettbewerb der Irene Steels-Wilsing Stiftung, der am Eröffnungstag des Streichquartettfests öffentlich ausgetragen wird.

Neben Stammgästen wie den Pianisten Sir András Schiff und Grigory Sokolov, dem Komponisten, Klarinettisten und Dirigenten Jörg Widmann, der Cellistin Sol Gabetta und dem City of Birmingham Symphony Orchestra unter Mirga Gražintė-Tyla sind zahlreiche Musiker erstmals beim "Heidelberger Frühling“ zu hören, so etwa die Sopranistin Anna Prohaska und das Trio con Brio aus Copenhagen.

Finanziert wird der "Heidelberger Frühling“ erneut durch eine ausgewogene Mischung aus Förderungen durch Privatpersonen und Unternehmen, Zuschüssen der Stadt Heidelberg und des Landes Baden-Württemberg und Einnahmen aus dem Kartenverkauf. Unter den Förderern sind zuvorderst der Freundeskreis Heidelberger Frühling e. V., der Haupt- und Gründungspartner HeidelbergCement sowie als weitere Hauptpartner der Finanz- und Vermögensberater MLP und das Biotechnologieunternehmen Octapharma zu nennen. Als weiterer Hauptpartner wird die SAP SE den Heidelberger Frühling ab 2018 unterstützen. Die sovanta AG hat ihr Engagement verstärkt und wird das Festival fortan als Gold Förderer begleiten. Langjährige private Mäzene sind Dr. Manfred Lautenschläger mit seiner gleichnamigen Stiftung, hinzu kommen die dem "Heidelberger Frühling“ ebenfalls seit langem verbundene Klaus Tschira-Stiftung und die Athenaeum Stiftung sowie musikliebende Privatpersonen wie Dr. Renate Keysser-Götze und Dr. Dietrich Götze, Dr. Jobst Wellensiek, Dr. Manfred Lamy, die Familie Bruder, Drs. Karin und Peter Koepff, Traudl Engelhorn-Vechiatto, Dr. Manfred Fuchs und Dr. Andreas Dienerowitz. Der Europäische Hof Heidelberg ist auch 2018 das Künstlerhotel des "Heidelberger Frühling“. Für das Jugendprojekt "Classic Scouts“ setzt sich bereits im zehnten Jahr SAS Institute ein. Die Festival Akademie wird von der Stiftung Heidelberger Frühling ermöglicht. Dank der Unterstützung durch die EPPLE Holding startet der Heidelberger Frühling 2018 einen Veranstaltungszyklus, der sich dem Thema "Architektur und Musik“ widmet. Die Festival Akademie und das Streichquartettfest verdanken ihre Realisierung der Kooperation mit der Universität Heidelberg und der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Eine begleitende Berichterstattung ist auch im kommenden Jahr durch die langjährigen Medienpartner Rhein-Neckar-Zeitung, SWR2 und Deutschlandradio Kultur gesichert.

Karten sind ab Montag, den 23. Oktober 2017 unter Tel. (06221) 584 00 44 und deutschlandweit an allen bekannten Vorverkaufskassen erhältlich, unter anderem bei allen Geschäftsstellen der Rhein-Neckar-Zeitung. Das komplette Programm und Online-Kartenbuchungen unter: www.heidelberger-fruehling.de.