Mit dem Konzert "Aufbruch“ der Cuban-European Youth Academy endet am Sonntag, 23. September, in der Grand Hall Zollverein in Essen die erste Ruhrtriennale unter der künstlerischen Leitung von Stefanie Carp. Die Intendantin der Jahre 2018 – 2020 hat heute bei einer Pressekonferenz in Bochum ein vorläufiges Resümee ihres ersten Festivaljahres gezogen.

Stefanie Carp: "Ich denke, wir haben in dieser Triennale einige große künstlerische Erfolge gehabt, über die ich mich sehr freue und für die ich allen, die daran beteiligt waren, sehr dankbar bin. Unter anderem ‚The Head and the Load‘ von William Kentridge, ‚Universe, Incomplete‘ von Christoph Marthaler, ‚Diamante‘ von Mariano Pensotti und ‚Exodos‘ von Sasha Waltz & Guests sind herausragende Ereignisse geworden. Aber auch ‚Kirina‘ von Serge Aimé Coulibaly hat in der Maschinenhalle Zweckel noch einmal eine ganz große Qualität erhalten, die die Produktion in Marseille noch nicht erreicht hatte.“

Mit Produktionen wie Schorsch Kameruns "Nordstadt Phantasien“, dem Langzeitprojekt der Jungen Triennale "#nofear“, der Diskursveranstaltung "Training for the Future“ von Jonas Staal sowie dem kostenlosen Programm im Festivalzentrum sei ein neues, junges Publikum erreicht worden. "Das Publikum der Ruhrtriennale ist sowieso das beste von allem“, so Carp.

Unter dem Leitmotiv "Zwischenzeit“ setzte sich die Ruhrtriennale 2018 mit den fundamentalen Um- und Aufbrüchen unserer Gesellschaft auseinander. Die Themen Migration und Vertreibung prägten maßgeblich das Programm mit gefeierten Produktionen wie William Kentridges "The Head and the Load“, Serge Aimé Coulibalys "Kirina“ oder der sehr eindrücklichen und berührenden Uraufführung des Stücks "The Factory“ von Mohammad Al Attar und Omar Abusaada. Die Festivalerzählung der Zwischenzeit wird auch in den Jahren 2019 und 2020 programmatisch fortgesetzt.

Zu den weiteren vielbeachteten Aufführungen gehört neben Christoph Marthalers "Universe, Incomplete“ auch die Kreation "Diamante“, für die der argentinische Regisseur Mariano Pensotti in der Duisburger Kraftzentrale das begehbare Modell einer Privatstadt nachbauen ließ. Ebenso wie bei "Diamante“ wurden auch bei den Produktionen "Filiseti Mekidesi (In Search of Sanctuary)“ (Turbinenhalle Bochum), "The Welcoming Party“ (Zechenwerkstatt Dinslaken) und "Exodos / Eξοδος“ (Jahrhunderthalle Bochum) die Räume der Ruhrtriennale ohne eine theatertypische Bühnen- bzw. Tribünensituation bespielt. Das Publikum erlebte die Aufführungen somit sehr direkt und wurde mitunter selbst Teil der Inszenierung.

Das Musikprogramm zur Zwischenzeit begeisterte sowohl mit großen Konzerten wie dem "Rebecca Saunders Portrait“ (Salzlager, Welterbe Zollverein) oder Laurie Andersons Multi-Media-Music-Performance "The Language of the Future“ in der Lichtburg Essen, als auch mit kleineren, ungewöhnlichen Formaten wie der MaschinenHausMusik, in denen Genregrenzen überschritten und neue Aufführungsformen erprobt wurden. Die europäische Erstaufführung von Anthony Braxtons "Composition No. 103“ beschließt am 19. September die Konzertreihe im Maschinenhaus Essen.

Kurz vor dem diesjährigen Festivalende wird mit einer Gesamtauslastung von über 80 Prozent gerechnet. Bislang wurden rund 27.000 Tickets ausgegeben. Hinzu kommen rund 24.700 Besucher*innen des Festivalzentrums und der neuen Skulptur "Appeal to the Youth of All Nations“ des Künstlers Olu Oguibe an der Jahrhunderthalle Bochum. Ebenfalls auf großes Publikumsinteresse stieß die von Urbane Künste Ruhr kuratierte Ausstellung "Peggy Buth: Vom Nutzen der Angst – The Politics of Selection“ in der ehemaligen Kirche St. Barbara in Duisburg-Rheinhausen (2.000 Besucher*innen), sowie die Video-Installation "Twenty-Two Hours / The Tempest Society“ von Bouchra Khalili (8.000 Besucher*innen), die noch bis zum 21. Oktober im Museum Folkwang zu sehen ist. Die kostenlos zugänglichen Installationen der Ruhrtriennale, sowie das mobile Projekt "Operndolmuş“ verzeichneten in diesem Jahr insgesamt rund 35.000 Besucher*innen. Die meistbesuchten kostenpflichtigen Veranstaltungen waren "Universe, Incomplete“ (4100 Zuschauer*innen), "The Head and the Load“ (3100 Zuschauer*innen) und "Das Floß der Medusa“ (2400 Zuschauer*innen).

Dr. Vera Battis-Reese, Geschäftsführerin der Kultur Ruhr GmbH: "Wir haben mit der Ruhrtriennale 2018 wieder einmal ein Kulturfestival der Extraklasse erlebt. Viele Produktionen, die wir in den vergangenen Wochen erlebt haben, sind in ihrer Aufführungsform nur hier möglich und machen die Ruhrtriennale zu etwas Einzigartigem.“

Das von der Künstler- und Architektengruppe raumlaborberlin gestaltete Festivalzentrum entwickelte sich im Laufe der Spielzeit zu einem äußerst lebendigen Treffpunkt. Bei kostenlosen Lesungen, Filmnächten, Konzerten und Partys wurde das "Third Space“, dessen Herzstück eine ausrangierte und aufwendig umgebaute Transall-Maschine ist, oft bis tief in die Nacht bespielt. Auch in den kommenden zwei Jahren wird das Festivalzentrum – in einer transformierten Gestalt – zentraler Anlaufpunkt für Besucher*innen und Künstler*innen der Ruhrtriennale sein.

An den verbleibenden Festivaltagen zeigt die Ruhrtriennale unter anderem die Produktionen "No President. A Story Ballet of Enlightenment in Two Immoral Acts“ der New Yorker off-off-off-Broadway-Kompanie Nature Theater of Oklahoma (Maschinenhalle Zweckel, Gladbeck) sowie Sasha Waltz‘ neueste Tanz-Kreation "Exodos / Eξοδος“ (Jahrhunderthalle Bochum). Zudem präsentiert das Chorwerk Ruhr im Salzlager der Kokerei Zollverein in Essen vom 21. bis 23. September das "Chorbuch“ des argentinisch-deutschen Komponisten Mauricio Kagel (1931 – 2008).

Mit dem Abschluss-Konzert "Aufbruch“ der Cuban-European Youth Academy bespielt die Ruhrtriennale am 23. September erstmals die Grand Hall Zollverein in Essen. Das Projekt unter der Leitung des Dirigenten Thomas Hengelbrock umfasst die Aufführung eines neuen Werkes der 1983 in Havanna geborenen Geigerin und Komponistin Jenny Peña Campo sowie die Uraufführung eines zeitgenössischen Marien-Oratoriums des vielfach ausgezeichneten deutschen Komponisten und Dirigenten Jan Müller-Wieland (*1966).

Die Ruhrtriennale 2018 in Zahlen:

  • 32 Produktionen und Projekte, davon 18 Eigen- und Koproduktionen sowie 16 Uraufführungen, Neuinszenierungen, Europapremieren, Deutschlandpremieren und Installationen
  • Rund 146 Veranstaltungen
  • 17 verschiedene Spielstätten in Duisburg, Essen, Bochum, Gladbeck, Dortmund, Gelsenkirchen und Dinslaken
  • Mehr als 920 beteiligte Künstler*innen aus rund 30 Ländern
  • Rund 27.000 ausgegebene Tickets (Auslastung: 80 Prozent)
  • Über 200 Teilnehmer*innen aus 23 Hochschulen in zehn Ländern beteiligen sich noch bis zum 21. September am Internationalen Festivalcampus der Ruhrtriennale 2018. Sie besuchten Vorstellungen und Installationen, veranstalteten Workshops und nehmen an Künstler*innen-Gesprächen teil.
  • 2018 akkreditierten sich über 330 Kulturschaffende, Künstler*innen und Theatermacher*innen aus 13 Ländern wie Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Polen, Iran, Japan, Brasilien, Italien, Schweiz, Portugal und England bei der Ruhrtriennale.
  • Über 230 Journalist*innen u. a. aus Australien, Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kuba, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Russland, Schweden, der Schweiz und den USA haben sich zur Ruhrtriennale 2018 akkreditiert.

Die Ruhrtriennale – das Festival der Künste lädt jedes Jahr zeitgenössische Künstler*innen ein, die monumentale Industriearchitektur der Metropole Ruhr zu bespielen. Hallen, Kokereien, Maschinenhäuser, Halden und Brachen des Bergbaus und der Stahlindustrie verwandeln sich jedes Jahr in beeindruckende Spielorte für Kunst an den Schnittstellen von Musiktheater, Schauspiel, Tanz, Performance und Bildender Kunst und machen die Ruhrtriennale zu einem weltweit einzigartigen Festival.

Die Programmausrichtung wird maßgeblich von der Intendanz bestimmt, die alle drei Jahre neu berufen wird. Die Intendantin der Festivalausgabe von 2018 - 2020 ist Stefanie Carp. Die Ruhrtriennale findet vom 09. August bis 23. September 2018 statt.