Am 22. und 23. Oktober tagte der Ausschuss für Künstlerische Fragen des Deutschen Bühnenvereins im Theater Magdeburg. Schwerpunktmäßig beschäftigten sich die Mitglieder und Gäste des Ausschusses mit den Themen Rechtspopulismus, Machtmissbrauch und Geschlechtergerechtigkeit sowie der Rolle der Orchester für ein Theater der Zukunft.

Auf der Jahreshauptversammlung im Juni 2018 hatten die Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins eine sukzessive geschlechterparitätische Besetzung für alle Gremien des Verbands beschlossen. Eingeladen war daher im Ausschuss nun die Initiative "Pro Quote Bühne“, die für eine 50%-Quote in künstlerischen Leitungen und in der Regie, für ein Ende des Gender Pay Gap und eine stärkere Vereinbarkeit von Familie und Beruf eintritt. Diskutiert wurden Fragen wie das Verhältnis von Quote und Kunstfreiheit, wie zukünftig mehr Frauen in die Leitungspositionen geholt werden können und welche Ansätze denkbar erscheinen, um weibliche Autorenschaft zu fördern.

"Als Arbeitgeber- und Interessenverband vertritt der Bühnenverein auch die Orchester. Die Weiterentwicklung von Konzert- und Musiktheaterformaten wird eine wesentliche Rolle für das  Theater der Zukunft spielen. Daher arbeiten wir im Verband an einer engeren Verzahnung der Strukturen“, sagte Holger Schultze, Vorsitzender des Ausschusses für Künstlerische Fragen und Intendant des Theater und Orchester Heidelberg. Eine tragende Rolle beim Austausch über Eigenverantwortung und Weiterentwicklung in den Orchestern wird der Orchesterausschuss des Bühnenvereins übernehmen. Dieser wird seit 2017 von Cornelius Grube, dem Intendanten der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, geleitet.

Mit rechtspopulistischen Initiativen und Parteien haben die Theater und Orchester in den letzten Jahren bundesweit Erfahrungen gemacht, die weit über eine künstlerische Kritik hinausgehen. Diese Erfahrungen reichen von juristischem Vorgehen gegen einzelne Inszenierungen und Theater über Stimmungsmache gegen und Einschüchterung von Künstler*innen bis hin zur Infragestellung der Finanzierung von Kulturinstitutionen. Zu Gast in Magdeburg war unter anderem der Chemnitzer Generalintendant Christoph Dittrich, der über die Ausschreitungen rechter Gruppierungen in Chemnitz sowie die kraftvolle Gegenreaktion von Kulturinstitutionen und Bürgerschaft berichtete und die aktuelle Situation in der Stadt beschrieb. Hier bestünden auch Chancen für das Theater – mit der Entwicklung neuer, spontaner Aktionsformate andere Zielgruppen zu erreichen, anders in der Stadt wahrgenommen zu werden. Außerdem stellten die Initiator*innen von "DIE VIELEN“ ihre Pläne vor, am 9. November 2018 in Berlin und anderen Städten bundesweit mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit zu treten, die sich explizit für Toleranz, Freiheit und Vielfalt einsetzt und jeglicher Form völkisch-nationaler Gesinnung und Rassismus eine Absage erteilt. Der Deutsche Bühnenverein hat beschlossen, diese Bewegung zu unterstützen. Auch die Theater nehmen die Herausforderung an und versuchen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Formate, die Stadtgesellschaft zu erreichen, Brücken zu bauen und den Dialog zwischen den Menschen – auch politisch anders Denkenden – zu befördern.

"Theater und Orchester sind Orte der Öffentlichkeit, die die Verantwortung haben, in die Gesellschaft zu wirken und politisch Haltung zu zeigen. Das spüren wir heute deutlicher denn je“, erklärte Holger Schultze.