Der Jahresausschuss des Preises der deutschen Schallplattenkritik (PdSK) hat getagt. Bei diesem Treffen wird traditionell über die Jahrespreise entschieden, die höchste Auszeichnung des PdSK, neben der „Nachtigall“ und den drei personengebundenen Ehrenpreisen. Insgesamt waren diesmal 94 herausragende Titel aus allen Sparten und Musikgenres für einen Jahrespreis nominiert worden, 12 davon machten das Rennen. Die Bandbreite der ausgezeichneten Produktionen reicht vom Singer-Song-Writing über den Jazz bis zum Hörbuch, von sehr alter Musik bis zu sehr junger, gegenwärtiger. Zurück in die Zukunft führt die Wiederentdeckung der weltlichen Motetten und geistlichen Messkompositionen des niederländischen Meisters Johannes Ciconia aus Lüttich, der mit seiner wortgebundenen Melodik und freien Rhythmik bereits im 14.Jahrhundert an der Schwelle zur Moderne steht, eingespielt von den Ensembles La Morra und Diabolus in Musica (Ricercar). Die Kinderkompositions-Klasse des Ensembles L’ART POUR L’ART in Winsen beweist mit ihrer Produktion „Haltbar gemacht“, dass Komponieren eine ernst zu nehmende Sache und kein Kinderkram ist - auch, wenn man gerade erst zehn Jahre alt ist (Berslton). Ein weiterer Jahrespreis geht an Frank Ocean, R&B-Musiker aus Los Angeles, der mit seinen 24 Jahren schon Kult, wenn nicht gar ein Klassiker ist. Sein Debutalbum „Channel Orange“ enthält beste, schwarze Musik, mit Sinn für poetische Details (Def Jam/Island). Michael Riessler, Jazzlegende aus München, hat alte und neue Freunde um sich geschart, um mit dem Album „Big Circle“ ein verspieltes, überraschend bizarres neues Werk zu schaffen (Intuition). Peter Rosens Dokumentarfilm „Shadows in Paradise“, der über das Schicksal der Exilmusiker in Hollywood berichtet, wird ebenso mit einem Jahrespreis bedacht (Euroarts), wie die von Harry Rowohlt als Hörbuch eingelesene Autobiographie von Mark Twain, die vom Autor hundert Jahre in die Schublade verbannt worden war (Random House). Die famose Geigerin Hilary Hahn und ihre Klavierpartnerin Valentina Lisitsa holen mit hoher Virtuosität die vier Violinsonaten von Charles Ives wieder ins öffentliche Bewusstsein zurück – auch dafür gibt es einen Jahrespreis (Deutsche Grammophon). Robert von Bahr, Chef des schwedischen Labels BIS, hat seine Edition des Gesamtwerks von Jean Sibelius vollendet, eingespielt von den besten Interpreten der nordischen Länder auf 65 CDs, unter Berücksichtigung neuester Ergebnisse der Sibelius-Forschung – ein jahrespreiswürdiger Meilenstein der Editionsgeschichte (BIS Records). Der Pianist Kristian Bezuidenhout erhält einen Jahrespreis für seine Mozart-Gesamteinspielung, die als ein „work in progress“ bereits mit dem Erscheinen des dritten Albums hörbar neue Maßstäbe setzt für die Mozart-Interpretation auf dem Hammerflügel (harmonia mundi). Der bulgarischen Sopranistin Krassimira Stoyanova wird ein Jahrespreis zuerkannt für ihr Album „Slavic Opera Arias“, mit dem sie auf exemplarische Weise rare Rollenporträts lebendig macht (Orfeo). Außerdem zeichnete die Jury Gotye aus für sein hinreißendes Erfolgs-Album „Making Mirrors“ (Vertigo) sowie den amerikanischen Singer-Songwriter Bill Callahan, der mit „Apocalypse“ in seine klassische Phase eingetreten ist (Drag City).

Die ausführlichen Begründungen der Jury sind nachzulesen unter www.schallplattenkritik.de. Die Bekanntgabe der drei Ehrenpreisträger für 2013 sowie des Gewinners der „Nachtigall“ 2013 erfolgt zu Beginn des nächsten Jahres. Dem Jahresausschuss 2012 gehörten folgende Musikkritiker an: Ludolf Baucke (Jury Neue Musik, freier Journalist, Hannoversche Allgemeine ), Eleonore Büning (Jury Kammermusik, F.A.Z.), Peter Fuhrmann (Jury Wort & Kabarett, ehemaliger WDR-Fernsehredakteur), Manfred Gillig-Degrave (Jury Independent, MusikWoche), Johann Kneihs (Jury Weltmusik, ORF/Ö1), Carsten Niemann (Jury Alte Musik, freier Journalist, Tagesspiegel), Ulrich Olshausen (Jury Jazz, freier Journalist, F.A.Z.), Albrecht Thiemann (Jury Lied, Opernwelt) und Christian Tjaben (Jury Black Music, freier Journalist, WebRadio ByteFM).