Tomeka Reid Quartet bei Elbjazz 2023
Tomeka Reid Quartet bei Elbjazz 2023  
Foto:  Claudia Höhne

So muss ein Festival sein: Zwei Tage perfektes Open-Air-Wetter, einzigartiges Hafen-Flair, großartige Acts auf allen Bühnen und ein Publikum, dessen Feierlaune der Spielfreude der Künstler*innen in nichts nachstand. In puncto Stimmung waren am vergangenen Wochenende die Schalter bei der zweiten ELBJAZZ-Ausgabe nach der Pandemie definitiv alle umgelegt. Oder wie es ein sichtlich begeisterter Festivalbesucher formulierte: „Hier fehlt nur noch eine ,Wall Of Jazz’.“  Leider ist nicht überliefert, wie die Jazz-Variante dieses organisierten Moshpits, bei der üblicherweise zwei Fronten ungebremst aufeinanderkrachen, in seiner Vorstellung auszusehen hat – schade. Aber von Anfang an:

Die erste Band gab bereits die Richtung vor. Horst Hansen Trio eröffnete das ELBJAZZ auf der Hauptbühne am Freitagnachmittag mit einem Sound zwischen Swing, Rock und Hip-Hop. Die Band animierte das Publikum gleich zum Mitsingen: „Horst Hansen Tanzmusik – Don’t Tell The Jazz Police.“ Nein, Genre-Puristen, oft „Jazzpolizei“ genannt, darf man von einem Festival wie dem ELBJAZZ nicht erzählen. Denn seit jeher wird hier so viel mehr als nur Modern Jazz geboten. In diesem Jahr gab es Psychedelic Rock von Unknown Mortal Orchestra, smoothen Soul von José James und ungezähmten Techno von MEUTE – um nur einige der international bekannten Stars zu nennen.

Der Hamburger Hafen auf beiden Seiten der Elbe bildete auch 2023 eine einmalige Kulisse. Während im Großen Saal der Elbphilharmonie mit Künstler*innen wie Hania Rani ruhigere Klänge dominierten, kam auf dem Werftgelände von Blohm+Voss Tanzlaune auf.

Zwischen den riesigen Kränen der Bühne Am Helgen spielte die ghanaische Band Alogte Oho & His Sounds of Joy auch ohne Leadsänger Alogte Oho eine schweißtreibende Mischung aus afro-karibischer Rhythmik und Funk. Sechs spielfreudige Musiker*innen, deren Call-and-Response-Gesänge das Publikum elektrisierten.

Bei 28 Grad im Schatten fühlte sich auch die dreifache Grammy-Preisträgerin Cécile McLorin Salvant sichtlich wohl. Die US-Amerikanerin wurde bereits mit Größen wie Billie Holiday verglichen. Beim Konzert mit ihrer furios aufspielenden Band zeigte Salvant, warum. Auch ihre leise Version des Klassikers „Somewhere Over The Rainbow“ kam vor der großen Hauptbühne bestens an – das Publikum dankte ihr mit donnerndem Applaus.

Am brandneuen Spielort, dem Jazz-Truck, präsentiert von Haspa Musik Stiftung und Jazzbüro Hamburg, war Platz für junge Newcomer*innen aus Hamburg. Hier brachten Skilbeck mit Bass-Klarinette, Baritonsaxophon und furiosem Gast-Rapper den kleinen Anhänger zum Wackeln.
Die Band Dope Lemon steht dagegen für gut abgehangenen Blues, Rock und Indie mit feinen Gitarrensoli – den perfekten Soundtrack für den Sommerabend. Sänger Angus Stone, ganz in Schwarz gekleidet, erzählte die persönlichen Geschichten hinter den Songs und ließ sich auch einmal zu einem Mundharmonika-Solo hinreißen.

Nach einem betörenden Sonnenuntergang betraten elf Musiker in roten Jacken die größte Bühne des Festivals und sorgten für Ekstase im Publikum. So voll wie beim Konzert von MEUTE war es vor der Hauptbühne des ELBJAZZ noch nie. Hamburgs Techno-Marching-Band zeigte, warum sie mittlerweile auf Festivals weltweit gefragt ist – ein so perfektes Rave-Set mit beeindruckender Lightshow hat man an der Elbe selten gesehen.

Ganz zum Schluss in der Samstagnacht stand noch der Auftritt echter Veteranen an. Die Braunschweiger von Jazzkantine unterstrichen, dass ihr smarter Hip-Hop-Jazz auch fast 30 Jahre nach Bandgründung nichts von seinen Kopfnicker-Qualitäten verloren hat.

Die Jazzpolizei hätte einiges zu tun: das ELBJAZZ gab sich in seiner 11. Ausgabe offener denn je. Jung und alt tanzten zu Techno und Funk, zu Rock und Hip-Hop.

Hamburgs Entdecker-Festival mit Hafenblick wird auch künftig Augen und Ohren offen halten – nach einer solch gefeierten Ausgabe stehen die Zeichen auf Vielfalt, zu der in Zukunft auch Rock- und Pop-Acts gehören können.

Veranstalter zeigt sich erfreut

Auch das Resümee von ELBJAZZ-Festivalleiter Alexander Schulz fällt durchweg positiv aus: „Was für ein Wochenende: Großartiges Festivalwetter, großartiges Programm, großartiges Publikum – weniger euphorisch lässt sich das diesjährige ELBJAZZ einfach nicht beschreiben. Wir freuen uns sehr über den enormen Publikumszuspruch, an dem besonders erfreulich ist, dass er sich bereits im Vorverkauf abzeichnete und nicht nur auf das gute Wetter zurückzuführen ist. Auch wenn sich ein Großevent wie ELBJAZZ immer noch immensen Herausforderungen gegenübersieht, die sich nicht nur auf gestiegene Personal-, Material- und Energiekosten reduzieren lassen, ist der Erfolg der beiden ELBJAZZ-Ausgaben nach der Pandemie Ausdruck und Beweis der enormen Attraktivität und Beliebtheit des Festivals. Neben dem musikalischen Facettenreichtum spielt dafür sicherlich auch die ganz besondere Atmosphäre des Werft-Geländes als Hauptveranstaltungsort eine entscheidende Rolle. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, neben unseren Gästen, unseren Künstler*innen sowie Partnern und dem gesamten ELBJAZZ-Team insbesondere Blohm+Voss gegenüber ein Dankeschön auszusprechen, das nicht groß genug sein kann. Auf den ersten Blick mag der Aufwand für die Schiffbauer für ein Zwei-Tages-Festivals überschaubar erscheinen. Wenn man aber bedenkt, dass der Aufbau – bei laufendem Betrieb – spätestens eine Woche vor dem Festival beginnt und auch der Abbau einige Tage in Anspruch nimmt, lässt sich besser einschätzen, wie groß das Engagement auf Seiten Blohm+Voss ist, um ELBJAZZ zu ermöglichen. Ohne diese großzügige Unterstützung von Blohm+Voss und unserer weiteren Partner wäre ELBJAZZ in seiner bewährten Form nicht realisierbar."

Für alle, für die die rund 50 ELBJAZZ-Konzerte mit bekannten Stars und Newcomern zwischen Elbphilharmonie und Werft einmal im Jahr nicht genug sind, bietet TUI Cruises mit Mein Schiff im nächsten Jahr ein ganz besonderes Jazz-Highlight: Vom 11. bis 19. Mai 2024 geht die Mein Schiff 4 auf Themenreise unter dem Motto „Mein Schiff meets ELBJAZZ“. In Kooperation mit ELBJAZZ und der Braunschweiger Band Jazzkantine ist es die erste Themenreise von TUI Cruises mit dem Schwerpunkt Jazz. Die Gäste an Bord können sich dabei auf großartige Konzerte der Musiker von Jazzkantine mit ihrem einzigartigen Mix aus Jazz, Rap und Hip-Hop freuen. Weitere Infos unter: meinschiff.com/presse.

Tickets für ELBJAZZ 2024 im Vorverkauf

Und auch die nächste Festival-Ausgabe wirft ihre Schatten voraus – der Termin steht bereits fest: Das 12. ELBJAZZ findet am 7. und 8. Juni 2024 statt. Der Vorverkauf ist ab sofort freigeschaltet – die preisvergünstigten Early-Bird-Karten für 119,00 Euro inklusive VVK-Gebühren für das gesamte Festival-Wochenende inklusive Reservierung für ein Konzert in der Elbphilharmonie sind unter elbjazz.de erhältlich. Regulär kostet das Zweitagesticket 145,00 € und die dann ebenfalls erhältlichen Tagestickets für den Festival-Freitag (7. Juni 2024) 85,00 € und für den Samstag (8. Juni 2024) 95,00 € (alle Ticketpreise inkl. VVK-Gebühren).
Wer das ELBJAZZ 2023 verpasst hat oder besondere Festivalmomente ein weiteres Mal erleben möchten, hat auf ARTE die Gelegenheit: ARTE Concert zeigt eine Auswahl der Konzerte auf der Hauptbühne und der Schiffbauhalle. Diese sind mindestens 90 Tage lang als Video-on-Demand verfügbar. Weitere Infos unter arteconcert.com.

Das war das musikalische Line-up 2023

MEUTE, Dope Lemon, Unknown Mortal Orchestra, Cécile McLorin Salvant, Michael Wollny Trio, DOMi & JD BECK, Tingvall Trio, Hania Rani, José James, Nils Wülker & Band, NDR Bigband & Omar Sosa, Jazzkantine, Steve Turre Sextet, Sarah McCoy, Lambert, Derya Yıldırım & Grup Şimşek + Special Guest Duygu Ağal, Alogte Oho & His Sounds of Joy, Adi Oasis, Tomeka Reid Quartet, Norwegian Wind Ensemble with Marius Neset and Erlend Skomsvoll, Mary Halvorson/Tomas Fujiwara Duo, Vadim Neselovskyi, Camilla George, Andreas Schaerer & Kalle Kalima, Lisa Wulff Quartett, The Jakob Manz Project, Cherise, Salomea, Horst Hansen Trio, Wendy McNeill, Fabrizio Cammarata, Markus Becker & Lutz Krajenski, Skilbeck, NORLYZ, CLEO & David Grabowski, Moritz Hamm Quartett, Pelican Crossing, Another Heroes Band, HfMT Bigband feat. Erik van Lier, TILAR, Vadims Dmitrijevs Quintett feat. Charlie Porter, HfMT Bigband feat. Lauri Kadalipp, Agustín Pardo & JazzHall Large Ensemble, Tigran Tatevosyan Trio, Paul Beskers Trio feat. Percy Pursglove, Bastian Menz Quintett, IVYMIND feat. Sven Kerschek, Pouya Abdi Quartett

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