Vom 14. Juni bis 1. Juli präsentiert die 4. Ausgabe des Festivals INFEKTION! an der Berliner Staatsoper ein geballtes Programm mit neuen und neuesten Musiktheaterwerken. Ein Festival dieser Art an einem Opernhaus ist deutschlandweit einzigartig und hat sich inzwischen für das Publikum in Berlin und darüberhinaus als feste Größe etabliert. Gezeigt werden insgesamt 22 Musiktheatervorstellungen mit Werken von Salvatore Sciarrino, Lucia Ronchetti, Samuel Beckett/Morton Feldman, Helmut Oehring und Kurt Weill sowie vier Kammerkonzerte und ein Symposium. Im Fokus steht das Werk Salvatore Sciarrinos, der ab dem 5. Juni selbst in Berlin sein wird, mit den beiden Premieren von Lohengrin und Macbeth sowie der Doppelabend von Samuel Becketts Footfalls und Morton Feldmans Neither. Als Spielort dient neben dem großen Saal und der Werkstatt in der Staatsoper im Schiller Theater der alte Orchesterprobensaal auf der Baustelle der Staatsoper Unter den Linden. Erstmals wird für das Festival INFEKTION! neben den Einzelkarten auch ein Festivalpass für 80 Euro angeboten, der zum Besuch von vier Vorstellungen berechtigt.

Lohengrin: In Salvatore Sciarrinos 1983 uraufgeführten Lohengrin zeigen sich idealtypisch die radikale Reduktion der Klangereignisse und die extreme Stilisierung, die sein Werk unverwechselbar machen. Literarische Quelle ist Jules Laforgues »Lohengrin, fils de Parsifal«, den der 26jährige Dichter gemeinsam mit fünf weiteren Parodien berühmter Archetypen 1886 veröffentlichte und den Sciarrino drastisch reduziert und umgestaltet hat. Die Solostimme, verkörpert durch die Schauspielerin Ursina Lardi, sowie ein Chor aus drei Herren des Staatsopernchores müssen sich auf eine Kompletterkundung des stimmlichen Ausdrucks einlassen: vom eigentlichen Wort über den Laut und das Geräusch bis hin zum Seufzer. Michele Rovetta leitet ein Kammerorchester aus Mitgliedern der Staatskapelle Berlin. Regie führt Ingo Kerkhof, der zuletzt an der Staatsoper Hannover (u.a. »Ariadne auf Naxos«, »Eugen Onegin«), am Theater Heidelberg (Wolfgang Rihms »Dionysos«) und an der Oper Köln (»Wozzeck« und Händels »Alcina«) inszeniert hat. Mit der Premiere von Lohengrin wird am 14. Juni in der Werkstatt der Staatsoper im Schiller Theater das Festival INFEKTION! eröffnet.

Macbeth: Salvatore Sciarrinos 2002 uraufgeführte Kammeroper Macbeth bezeichnet der Komponist schlicht als »Drei namenlose Akte«. Nach der Dramenvorlage William Shakespeares geht es um das Prinzip der Wiederkehr des Immergleichen, des Bösen und der Gewalt. Ein doppelter Sinn ergibt sich auf musikalischer Seite, da Sciarrino sich in seinem Macbeth ganz bewusst mit den »klassischen« Vorbildern auseinandersetzt. »So werfen die Gräber der Musik wieder Mozart und Verdi aus«, kommentiert Sciarrino die auftauchenden Zitate aus den Opern Don Giovanni, Macbeth und Un ballo in maschera. Jürgen Flimm wird dieses Werk an einem ganz besonderen Ort inszenieren – im ehemaligen Orchesterprobensaal auf der Sanierungs-Baustelle der Staatsoper Unter den Linden. Es spielen Musiker von Opera Lab Berlin und der Staatskapelle Berlin unter der Leitung von David Robert Coleman. Zum Sängerensemble gehören Otto Katzameier (Macbeth), Carola Höhn (Lady Macbeth), Katharina Kammerloher, Stephen Chambers und Timothy Sharp. Premiere ist am 21. Juni.

Footfalls / Neither: Es war 1976 im Berliner Schiller Theater, als sich Morton Feldman, einer der originellsten und radikalsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, und der irische Dramatiker Samuel Beckett erstmals trafen. Beckett besuchte damals die Proben zur deutschen Erstaufführung seines Stücks Footfalls (Tritte) in der Werkstatt des Schiller Theaters. Feldman und Beckett verabredeten eine gemeinsame Oper. Einen Monat später schickte Beckett sein Libretto, dass er in 87 Wörtern auf eine Postkarte schrieb, an Feldman, der hierauf seine einzigartige Oper Neither komponierte. Regie bei diesem Doppelabend führt Katie Mitchell, die musikalische Leitung hat François Xavier Roth. Julia Wieninger spielt die May in Footfalls, die Sopran-Partie in Neither übernimmt Laura Aikin, es spielt die Staatskapelle Berlin. Premiere in der Staatsoper im Schiller Theater ist am 22. Juni.

Daneben sind innerhalb des Festivals INFEKTION! drei weitere Vorstellungen der Neuinszenierung von Kurt Weills Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny, Helmut Oehrings AscheMOND oder The Fairy Queen in der Inszenierung von Claus Guth sowie Lucia Ronchettis Kammeroper Lezioni di tenebra zu sehen.

Vier Kammerkonzerte in der Werkstatt des Schiller Theaters ergänzen das Programm mit Werken u.a. von Salvatore Sciarrino, Karlheinz Stockhausen, Anton Webern, Jost Meier, Dirk-Michael Kirsch sowie einer Uraufführung von Stefan Heucke. Neben Musikern der Staatskapelle Berlin spielen das FABOI Doppelrohrquartett Berlin, das Miranda Quartett, Ursula Weiler (Flöte) und Frank Gutschmidt (Klavier).

Das Symposium »Gender, Stimme und Performanz im Musiktheater Salvatore Sciarrinos« am 21. Juni bietet drei musik- und kulturwissenschaftliche Vorträge von Prof. Christina von Braun (Humboldt Universität), Dr. Camilla Bork (Humboldt Universität / Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover) und Prof. Arnold Jacobshagen (Hochschule für Musik und Tanz Köln) sowie eine anschließende Diskussionsrunde mit Künstlern und Wissenschaftlern.