Abbildung: Pressekonferenz
Übergabe der Studie: Prof. Lydia Grön, Präsidentin der HMTM, und Geschäftsführerin Helga Dill  
Foto:  Severin Vogl

Am Donnerstag, 18. April 2024 stellte das Institut für Praxisforschung und Projektberatung München (IPP München) die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie »Machtmissbrauch, Diskriminierung und sexualisierte Gewalt an der HMTM« vor, die von der Hochschule für Musik und Theater München (HMTM) im Februar 2023 in Auftrag gegeben wurde. Die Studie ist die erste Vollerhebung in ganz Deutschland über Machtmissbrauch an einer Musikhochschule mit repräsentativem Anspruch. Aufgrund ihrer Vergangenheit ist es für die HMTM dringende Verpflichtung, maximale Transparenz herzustellen und die Prävention vor Machtmissbrauch, Diskriminierung und sexualisierter Gewalt offensiv anzugehen.

Im Rahmen einer Pressekonferenz der HMTM präsentierten die Geschäftsführerin Helga Dill und Soziologin Dr. Tinka Schubert die Studie der Öffentlichkeit.

Als wesentliche Ergebnisse lassen sich festhalten:

  • Machtmissbrauch wird als hervorstechendes Problem benannt.
  • Strukturelle Diskriminierung wird berichtet.
  • Sexualisierte Gewalt und Grenzverletzungen sind an der HMTM weiterhin ein Thema.
  • Die HMTM hat in den letzten Jahren bereits viele Maßnahmen ergriffen und ist daher insgesamt auf einem guten Weg. Es bedarf aber weiterer Anstrengungen in den verschiedensten Bereichen.

Prof. Lydia Grün, Präsidentin der HMTM, nahm den Abschlussbericht des IPP München entgegen und reagierte entschlossen, den bisherigen Weg der Hochschule konsequent fortzusetzen und mit umfangreichen Maßnahmen weiter auszubauen. Sie stellte einen 7-Punkte-Plan der HMTM vor, der in sieben Handlungsfeldern mit zahlreichen Maßnahmen auf die Ergebnisse der Studie reagiert. Die Handlungsfelder sind: Verantwortung, Strukturen, Jungstudierende, Körper, Psyche und Gesundheit, internationals@home, Interne Kommunikation sowie Erinnern und Lernen.

Stellungnahme Prof. Lydia Grün: „Wir sehen deutlich und erkennen an, dass es Strukturen gibt, die Machtmissbrauch begünstigen. Machtmissbrauch, Diskriminierung und sexualisierte Gewalt sind an unserer Hochschule kein Thema der Vergangenheit. Dass Menschen immer noch Leid erfahren müssen und belastende Situationen erleben, ist alarmierend und macht uns stark betroffen. Wir bedauern dies zutiefst!

Wir wollen gemeinsam mit allen Hochschulangehörigen die Kraft entwickeln, die HMTM dauerhaft zu einem sicheren und respektvollen Ort zu machen. Aus der vorliegenden Bestandsaufnahme erwächst für uns vor allem eines: Verantwortung.

Verantwortung für unsere Strukturen: Wir werden aufgrund der Studienergebnisse unsere Strukturen und Prozesse in sieben verschiedenen Handlungsfeldern ansehen, verändern und ausbauen.

Verantwortung für Enttabuisierung und Transparenz: Wir wollen klar benennen, wo Grenzen verlaufen. Nur wenn alle aktuellen und ehemaligen Hochschulangehörigen über Machtmissbrauch sprechen können, werden wir Sicherheit und Vertrauen herstellen können.

Verantwortung für klare und konsequente Beschwerdeverfahren: Im Dialog mit den Betroffenen gehen wir jeder Beschwerde nach. An dieser Stelle möchte ich allen Hochschulangehörigen Mut machen: Melden Sie sich bei unseren Beratungsstellen und lassen Sie sich in einem vertraulichen Rahmen beraten.

Verantwortung für Erinnern und Lernen: Wir benennen weiterhin deutlich, was geschehen ist, und lernen aus der Vergangenheit. Daher gehen wir mit allen Hochschulangehörigen über die Studienergebnisse und unsere Maßnahmen in einen offenen Dialog. Bei denjenigen, die an unserer Hochschule Leid erfahren haben, möchte ich mich im Namen der Hochschule entschuldigen.

Wir stellen uns unserer Verantwortung konsequent und setzen mit ganzer Kraft uns dafür ein, dass sich Studierende, Lehrende und Beschäftigte der Verwaltung an unserer Hochschule sicher fühlen können.“

Die Stellungnahme der Studierendenvertretung der HMTM, vertreten durch Felix Starzonek: „Wir als Studierendenvertretung der HMTM erhoffen uns, dass die Ergebnisse der Studie des IPP München, die Machtmissbrauch als ein strukturelles Problem an unserer Hochschule identifizieren, eine Signalwirkung haben. Die nicht-wissenschaftliche Befragung von Studierenden aller deutschsprachigen Musikhochschulen, deren Ergebnisse in den letzten Wochen bereits in den Medien thematisiert wurden, hat ein ähnliches Bild für die gesamte Hochschullandschaft gezeichnet. Es ist an der Zeit, dass an den Musikhochschulen insgesamt konsequent gehandelt wird. Es muss ein Studienumfeld geschaffen werden, das nicht weiter alte Strukturen toleriert und reproduziert, sondern ausgehend von den Hochschulen die Musikwelt zu einem offenen und respektvollen Raum macht. Wir als Studierendenvertretung freuen uns, an der HMTM diesen Veränderungsprozess weiter zu intensivieren und daran mitzuwirken.“

Die HMTM hat die Studie, unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, im Februar 2023 beim IPP München in Auftrag gegeben, um den aktuellen Stand der Erfahrung von Studierenden, Lehrenden und Beschäftigten der Hochschulverwaltung mit Machtmissbrauch, Diskriminierung und sexualisierter Gewalt zu erfassen. Neben qualitativen Interviews fand eine Vollerhebung per Fragebogen unter allen Hochschulangehörigen statt. Insgesamt nahmen 27,8% der Hochschulangehörigen an der Vollerhebung teil (512 Personen von 1.840 Befragten), darunter rund 23,7 % aller Studierenden, 10,7 % der Jungstudierenden, 37,7 % der Lehrenden und 51,6 % der Beschäftigten in der Hochschulverwaltung.

Seit den Fällen von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch durch den ehemaligen Präsidenten Dr. Siegfried Mauser und den ehemaligen Kompositionsprofessor Hans-Jürgen von Bose, die zwischen 2015 bis 2021 auch gerichtlich verhandelt wurden, ist es das erklärte Ziel der HMTM, dass sie ein sicherer Ort für alle Hochschulangehörigen ist und sich ein sensibler, verantwortungsbewusster und respektvoller Umgang miteinander an der Hochschule fest etabliert. Dazu hat die HMTM seit 2015 umfangreiche Maßnahmen ergriffen und kontinuierlich weiterentwickelt, darunter der Aufbau von umfassenden Beschwerdewegen inkl. eines Netzwerks von Vertrauenspersonen, die Entwicklung eines Code of Conduct sowie ein umfangreiches Angebot an Veranstaltungen zur Fortbildung, Aufklärung und Sensibilisierung.

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