An Rosh Hashana dieses Jahres, dem jüdischen Neujahrsfest, verkündete das Welterbe-Komitee der UNESCO die Anerkennung der jüdisch-mittelalterlichen Monumente Erfurts als Weltkulturerbe, der Stadt, in der ich hauptberuflich tätig bin. Es war dies auch ein starkes Zeichen für ein Leben in Vielfalt und die wirksame Basis interkultureller Verständigung. Die Einschreibung in die Welterbeliste fand in einem Land statt, in dem hebräische Schriftzeichen verboten sind, in Saudi-Arabien. Wir glaubten jedoch, trotz eines mancherorts noch stark problematischen Umgangs mit der jüdischen Kultur, dass die schlimmsten Angriffe und menschenverachtenden Taten hinter uns lägen. Wir tun viel dafür, Jüdinnen und Juden zu schützen, gerade in Deutschland.

Weniger als einen Monat später, am 7. Oktober 2023, überfielen Kämpfer der Hamas im Morgengrauen feiernde junge Menschen auf dem Nature Party Festival im Süden Israels auf dem Gelände des Kibbuz Re‘im. 260 Menschen, größtenteils zwischen 20 und 40 Jahre alt, wurden umgebracht. Seitdem sind tausende Menschen in Israel und im Gazastreifen gestorben – Kinder, Frauen, Männer, Greise.

Nach dem Grauen des Holocaust, in dem sechs Millionen Jüdinnen und Juden ermordet wurden, wurde der Staat Israel gegründet, damit Jüdinnen und Juden in einem Land ohne Furcht, in Frieden leben konnten. Nun aber werden sie in diesem Land, das gegründet worden ist, sie zu schützen, von Terroristen ermordet. Der Staat Israel muss sich gegen seine Angreifer wehren.

Genauso ist der umfassende Schutz jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserer Gesellschaft ein nicht verhandelbares Faktum in unserer pluralen, offenen Demokratie, die aus dem Grauen der Geschichte Lehren gezogen hat, kulturelle und religiöse Vielfalt schützt und ihr friedliches, tolerantes Miteinander fördert.

Die Kulturpolitische Gesellschaft e. V. wendet sich entschieden gegen Gewalt und Antisemitismus. Sie steht dafür ein, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland als fester Bestandteil unserer Gesellschaft leben und dies auch in Zukunft sicher tun können. Sie verurteilt antisemitische Hetze aufs Schärfste. Sie setzt sich dafür ein, jüdische Kultur als unverzichtbar zu pflegen, sichtbar zu machen und die Verfehlungen der Vergangenheit mit einer starken Erinnerungs- und Lernkultur im Gedächtnis auch künftiger Generationen fest zu verankern. Erinnerung und Solidarität machen uns stark, auch heute bei der Bekämpfung von Hass, Gewalt und Geschichtsvergessenheit.

Die Kulturpolitische Gesellschaft e.V. steht hinter Israel und den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern Deutschlands und Europas. Sie verurteilt den menschenverachtenden Angriff der Hamas auf Israel aufs Schärfste und uneingeschränkt und unterstreicht das Recht Israels auf Selbstverteidigung.

Sie ruft alle ihre Mitglieder, Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker sowie Kulturschaffende dazu auf, diese Solidarität uneingeschränkt kund zu tun. Hier gibt es keine Kompromisse.

Hevenu Shalom Alechem
הבאנו שלום עליכם

Stellungnahme von Dr. Tobias J. Knoblich
Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft e. V.

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