Die Umsetzung des Bildungsauftrags und die flächendeckende Infrastruktur der öffentlichen und gemeinnützigen Musikschulen in Niedersachsen sind akut gefährdet. Immer mehr junge Menschen werden von kultureller Teilhabe ausgeschlossen und können nicht ihren Begabungen gemäß gefördert werden.

Deutliche Schieflage: Niedersachsen ist bei der strukturellen Landesförderung bundesweit Schlusslicht

Die Versorgung der Bevölkerung in den ländlichen Räumen ist bereits gefährdet. Seit Jahren schon weist der Landesverband niedersächsischer Musikschulen auf die deutliche Schieflage bei der Finanzierung der musikalisch-kulturellen Bildungseinrichtungen hin. Lehrkräftemangel, hoher Innovationsdruck und steigende Personalkosten belasten die Musikschulen nach Corona in erheblichem und zunehmend existenzbedrohendem Maß. Insbesondere im ländlichen Raum können Musikschulen heute schon wesentliche Aufgaben, etwa die Nachwuchsförderung, die Elementare Musikpädagogik und breitenorientierte Bildungsangebote nicht mehr im erforderlichen Umfang leisten. Von den drohenden Entwicklungen sind auch die vielfältigen Bildungspartnerschaften von Musikschulen mit Schulen und Kindertageseinrichtungen betroffen. Vor diesem Hintergrund fordert der Landesverband die Landesregierung auf, die seit über 25 Jahren in der Höhe unveränderte strukturelle Förderung öffentlicher Musikschulen an den heutigen Bedarf anzupassen. Im Ranking der Bundesländer ist Niedersachsen hier mit einem Finanzierungsanteil an den Betriebskosten i. H. v. 1,5% (Durchschnitt: ca. 10%) und einer Pro-Kopf Schülerförderung i. H. v. 8,43 Euro (Durchschnitt: 62,93 Euro) Schlusslicht.

Schlüsselrolle der Musikschulen bei der Sicherung des musikpädagogischen Nachwuchses und der Umsetzung des schulischen Ganztags

Die Präsidentin des Landesverbandes Frauke Heiligenstadt MdB weist auf die Schlüsselrolle der öffentlichen Musikschulen bei der Ausbildung künftiger Musiklehrer*innen hin: „Das Land braucht leistungsfähige öffentliche Musikschulen heute mehr denn je. Mit fundierten Ausbildungsangeboten bereiten Sie künftige Musiklehrkräfte auf ein Hochschulstudium vor und tragen so maßgeblich zur Behebung des Fachkräftemangels an Schulen und Musikschulen bei. Zudem ist eine Stärkung der Musikschulen zwingend erforderlich, damit diese bei der Umsetzung des künftigen Rechtsanspruchs auf Ganztagsschule ihrer Verantwortung als verlässliche Bildungspartner nachkommen können.“

Besondere Herausforderungen durch Abwanderung von Lehrkräften

Dass nahezu alle an Niedersachsen angrenzenden Bundesländer ihre Musikschulförderung gegenwärtig in z.T. erheblichem Umfang steigern, erhöhe den Druck, so Holger Denckmann, Vorsitzender des Lan-desverbandes und Leiter der Musikschule der Stadt Oldenburg: „Wir stellen fest, dass immer mehr unserer Lehrkräfte in finanziell besser ausgestattete Einrichtungen der Nachbarländer abwandern.
Hinzu kommt, dass viele Lehrkräfte in den deutlich besser dotierten Schuldienst wechseln.

Wenn wir hier nicht schnell gegensteuern und attraktivere Arbeitsbedingungen für qualifizierte Musikpädagog*innen bieten können, bluten wir aus.“

Kommunale Spitzenverbände betonen Landesverantwortung bei der Finanzierung öffentlicher Musikschulen

Die Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens unterstützen die Forderungen des Fach- und Trägerverbandes: „Die Forderungen des Landesverbandes werden von uns in vollem Umfang unterstützt. Die Musikschulen sind ein wichtiger integraler Bestandteil unserer Bildungslandschaft“ – so der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages, Dr. Jan Arning, für die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände. „Öffentliche Musikschulen sind Teil der kommunalen Daseinsvorsorge, daher unterstützen die Kommunen die Musikschulen finanziell. Kommunen und Eltern, die zusammen bereits rund 90 % der Betriebskosten tragen, sind jedoch nicht in der Lage, weitere finanzielle Belastungen zu schultern. Die Förderung der Musikschulen ist auch Aufgabe des Landes“, so Arning weiter.

Der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Falko Mohrs, ist vom Landesverband niedersächsischer Musikschulen mit dem Dilemma der Finanzierung öffentlicher Musikschulen vertraut ge-macht worden. Erst jüngst auf der Jahrestagung des Verbands in Wolfsburg hat der Minister deutlich gemacht, dass ihm sehr bewusst sei, welche Rolle die Musikschulen für die Gesellschaft und bei der Ausbildung des künstlerischen und pädagogischen Nachwuchses spielten. Und er konstatierte im Rahmen einer Diskussion, dass das Land seiner Verantwortung für den Betrieb der Einrichtungen bei weitem nicht gerecht werde.

Öffentliche Musikschulen sind musikalische Kompetenzzentren, bedeutsame Lern- und Veranstaltungsorte sowie wichtige Bildungspartner und Standortfaktoren in den Kommunen und Landkreisen Niedersachsens. Der Landesverband niedersächsischer Musikschulen fordert die Landesregierung auf, diese leistungsfähige Infrastruktur durch eine deutliche Erhöhung der Fördermittel für öffentliche Musikschulen zu sichern und zukunftsfähig zu machen. Anzustreben ist mindestens der von den Bundesländern durchschnittlich geleistete Finanzierungsanteil an den Betriebskosten der Einrichtungen.