Die beiden Staatsorchester Rheinische Philharmonie in Koblenz und Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen bleiben bestehen. Das Philharmonische Orchester in Mainz soll aus der Staatstheater GmbH ausgegliedert und in die Zuständigkeit des Landes überführt werden. Alle drei Klangkörper sollen, bezogen auf Vollzeitplanstellen, verkleinert werden. Gleichzeitig wird eine neue Qualität der Kooperation zwischen diesen Orchestern verbindlich festgeschrieben und tarifvertraglich abgesichert. Dies sind die Eckpunkte, nach denen das Land Rheinland-Pfalz jetzt zügig eine Reform der Orchesterstruktur umsetzen wird. "Ich bin davon überzeugt, dass diese Entscheidung mit Blick auf die engen Finanzspielräume die Zukunftsfähigkeit dieser drei Orchester auf gleich hohem Niveau sichert", sagte Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner, Minister für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur, heute bei einer Pressekonferenz in Mainz.

Der Kulturminister wies darauf hin, dass der Ministerrat am Morgen seinen Reformplänen einmütig zugestimmt habe. Sie seien in den vergangenen Tagen überdies mit den betroffenen Städten Mainz, Koblenz und Ludwigshafen erörtert worden. Der Aufsichtsrat der Staatstheater Mainz GmbH habe ihn beauftragt, analog der Eckpunkte entsprechende Verhandlungen zu führen.

Die Festschreibung einer neuen Qualität der Zusammenarbeit der drei Orchester sei eine geeignete Grundlage dafür, die Einsparvorgaben des Ministeriums zu erfüllen, den notwendigen finanziellen Spielraum für die Stadt Mainz zu schaffen und zugleich das kulturelle Angebot der Staatsorchester und des Staatstheaters sowohl in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht mindestens zu halten, wenn nicht gar zu steigern, sagte Zöllner. Das sei auch der Tenor der zahllosen Gespräche gewesen, die er in den vergangenen Monaten mit den betroffenen Musikerinnen und Musikern, Intendanten, Interessenvertretern, Kommunalpolitikern und externen Experten geführt habe.

Auch die Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur am 25. September dieses Jahres habe eine eindeutige Präferenz der Befragten zugunsten einer engeren Zusammenarbeit der drei Orchester erkennen lassen. Diese verstärkte Zusammenarbeit gründe auf dem Modell der "Inneren Kooperation", das die von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe entwickelt habe, sagte der Kulturminister. Der Arbeitsgruppe hatten Vertreter der Städte Mainz, Koblenz und – in einer späteren Phase der Beratung – Ludwigshafen, die Intendantin des Stadttheaters Koblenz, der Intendant des Staatstheaters Mainz, der Generalintendant der beiden rheinland-pfälzischen Staatsorchester, Vertreter der Vorstände der drei betroffenen Orchester – die in den Theaterferien jedoch nicht an den Sitzungen teilnehmen konnten -, externe Sachverständige und Mitarbeiter des Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur angehört. Das Modell der "Inneren Kooperation" entspreche im übrigen grundsätzlich den Vorschlägen der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) vom 11. September 2003, betonte Zöllner.

Das Modell der "Inneren Kooperation" sieht unter anderem vor, dass Musikerinnen und Musiker, deren oberstes Dienstlimit noch nicht erreicht ist, unter Anrechnung von Diensten in ihrem Stammorchester als Aushilfen in einem anderen Orchester eingesetzt werden können, ohne das Mehrkosten anfallen. Zusätzlich kann durch eine bedarfsgerechte Ausgestaltung der Teilzeitregelungen die Auslastung der einzelnen Orchestermitglieder erweitert werden. Kosten für Aushilfen werden eingespart. Diese neue Qualität der Kooperation soll vertraglich verbindlich geregelt und tarifvertraglich abgesichert werden.

Die Möglichkeiten, die sich durch eine "Innere Kooperation" ergeben, fußen darauf, dass für einen großen Teil der Aufgaben nicht die Maximalbesetzung der drei Orchester benötigt wird. Mit Ausnahme der am häufigsten eingesetzten Streicher werden die anderen Instrumentengruppen bei vielen Aufführungen deutlich weniger eingesetzt. Sie erreichen nur in den seltensten Fällen die Dienste-Obergrenze. Die vorhandenen freien Kapazitäten, die teilweise jenseits der 50-Prozent-Grenze liegen, sollen für die Kooperation genutzt werden. "Eine Optimierung der Auslastung empfiehlt auch der Landesrechnungshof. Das kann ich nicht einfach ignorieren", sagte Zöllner.

Darüber hinaus sollen alle Möglichkeiten ergriffen werden, um die vorhandenen Kapazitäten effizienter zu nutzen, beispielsweise durch häufigere Wiederholung von Konzerten an verschiedenen Orten, wodurch sich der Probenaufwand verringert.

Da im Staatstheater Mainz und in den Staatsorchestern die Personalausgaben bis zu 90 Prozent der Gesamtkosten ausmachen, sind Einsparungen nicht ohne entsprechende Personalmaßnahmen zu realisieren. Um die Einsparauflagen (1,9 Millionen Euro jährlich ab 2006 bei den beiden Staatsorchestern, jährliche Entlastung des Staatstheaters Mainz ab der Spielzeit 2005/2006 um ca. 1,3 Millionen Euro) zu erreichen, muss das Personal der drei betroffenen Orchester insgesamt um rund 50 Musikerinnen und Musiker reduziert werden.

Kriterien für die jeweilige Orchestergröße nach der Strukturreform sind ihre Funktion, die Praktikabilität und die Einsatzeffizienz. Die primäre Aufgabe der Rheinischen Philharmonie in Koblenz und des Philharmonischen Orchesters des Staatstheaters liegt im Bereich des Musiktheaters. Sie lässt sich mit jeweils rund 60 Musikerinnen und Musikern bewältigen. Dem Staatsorchester in Ludwigshafen sollen mit Blick auf seinen Charakter als Konzertorchester bis zu 80 Stellen verbleiben. Dies entspricht grundsätzlich den Stellenzahlen, die von der Arbeitsgruppe für das Modell der "Inneren Kooperation" erarbeitet wurden. An der derzeit bestehenden Eingruppierung der Orchester – und damit an der Bezahlung der Musikerinnen und Musiker – ändert sich nichts. Durch anderweitige kostendämpfende Maßnahme, wie zum Beispiel die Reduzierung beziehungsweise Streichung von Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, außertariflichen Zulagen, lassen sich jedoch die Personalreduzierungen in den drei Orchestern verringern.

Begünstigt wird die Kooperation dadurch, dass das Land Rheinland-Pfalz bereit ist, auch die Trägerschaft des Mainzer Orchesters zu übernehmen - dies auch im Hinblick auf die angestrebte Entlastung des Staatstheater-Etats. Die Zusammenarbeit der drei Orchester wird vertraglich geregelt.

Bezüglich der neuen Leitungsstrukturen ist noch keine Entscheidung gefallen. "Ich sehe aber für die Zusammenarbeit deutliche Vorteile, wenn es eine gemeinsame Intendanz gibt, wie das bei den derzeitigen beiden Staatsorchestern ja schon erfolgreich praktiziert wird", sagte Zöllner.

Er kündigte zudem an, eine Orchesterakademie Rheinland-Pfalz gründen zu wollen. Die Orchesterakademie soll einen Akademiebetrieb organisieren, in dem etwa 20 bis 30 Musikerinnen und Musiker ausgebildet werden. Das heißt, sie bekommen die Möglichkeit, im Konzert- und Opernbereich Orchestererfahrungen zu sammeln. Gleichzeitig wird dadurch die Besetzungsmöglichkeit der drei Orchester verbessert. Die Finanzierung dieser Orchesterakademie muss im Rahmen der Strukturreform gewährleistet werden, ohne dass dies die Einsparvorgaben tangiert.

Beabsichtigt ist, die Orchester im Einvernehmen mit den Betroffenen zu verkleinern. Dafür kommen das Freihalten von bereits unbesetzten Stellen, die natürliche Fluktuation, Altersteilzeit, Teilzeitbeschäftigung sowie die Übernahme in den Schul- oder Hochschuldienst in Betracht. Dieser Prozess, der auf den jeweiligen Einzelfall der betreffenden Musikerin beziehungsweise Musikers abstellt, wird von einer Lenkungsgruppe begleitet. Ihr gehören Vertreter der DOV, des Deutschen Bühnenvereins, der Personalräte und des Ministeriums an. Falls die notwendige Verkleinerung der Orchester nicht einvernehmlich zu bewerkstelligen sein sollte, müssten die jeweils zuständigen Organe auf Grund rechtlicher Vorgaben bis zum Juni 2004 Verkleinerungsbeschlüsse fassen, um gegebenenfalls notwendige Kündigungen bis zum Beginn der Spielzeit 2005/2006 fristgerecht umsetzen zu können.

Zur Förderung der Orchester und ihrer regionalen Verankerung ist beabsichtigt, auch für die Orchester in Koblenz und Mainz Kapitalstiftungen zu gründen, wie sie in Ludwigshafen bereits 2002 durch die Stiftung der Freunde und Förderer der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz eingerichtet wurde. Über diese Stiftungen könnten die Bürgerinnen und Bürger "ihr" Orchester mit einer Geldspende unterstützen. "Mittels dieser Stiftungen lässt sich das bürgerschaftliche Engagement für die Orchester bündeln, das sich in den vergangenen Monaten so eindrucksvoll gezeigt hat", sagte Zöllner. Sollte es gelingen – wovon auszugehen ist, insbesondere durch die konkret erklärte Bereitschaft des Geschäftsführers der DOV, Gerald Mertens, sich an diesem Prozess in der Lenkungsgruppe zu beteiligen -, im Einvernehmen mit den Musikerinnen und Musikern bereits vor 2006 Personalstellen abzubauen, stellt das Land die dadurch eingesparten Finanzmittel der jeweiligen Stiftung zur Verfügung.

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